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Freitag, 30. November 2012
Staat muss Umschuldungsverweigerer zunächst noch nicht bedienen
Teilerfolg für Argentinien vor Berufungsgericht^^;
Staat muss Umschuldungsverweigerer zunächst noch nicht bedienen / Spätfolgen für künftige Umschuldungen
FAZ/ Print Fr 30.11.2012 (Moses / Ruhkamp)
mos ./ruh. BUENOS AIRES/FRANKFURT,
29. November. Argentinien hat in einem
Rechtsstreit um notleidende Anleiheschulden
Zeit gewonnen. Ein amerikanisches
Berufungsgericht hat ein Urteil des New
Yorker Distriktrichters Thomas Griesa
ausgesetzt, das Argentinien zur Zahlung
von 1,33 Milliarden Dollar an eine Gruppe
von Gläubigern verpflichtet, die nach
dem Staatsbankrott von 2001 mehrere Umschuldungsangebote
Argentiniens mit einem
Schuldenschnitt um zwei Drittel abgelehnt
hatten.
Griesa hatte vergangene Woche geurteilt,
Argentinien müsse den Umschuldungsverweigerern
(Holdouts) den vollen
Nennwert der Anleiheschulden zuzüglich
aller aufgelaufenen Zinsen zahlen (F.A.Z.
vom 27. November). Um die Befolgung sei-
nes Urteils sicherzustellen, hatte Griesa
überdies bestimmt, Argentinien dürfe keinerlei
laufende Schuldenzahlungen mehr
leisten, ohne gleichzeitig die Forderungen
der Holdouts zu bedienen.
Das Urteil des 82 Jahre alten Richters
wird auf den Finanzmärkten aufmerksam
verfolgt, weil es - so die Befürchtung -
künftige Umschuldungen erschweren
könnte. Kann oder will ein Staat seine
Schulden nicht mehr bedienen, versucht
er, seine Gläubiger zum Verzicht zu bewegen.
Bei solchen Verhandlungen gibt es immer
wieder Investoren, die sich in der
Hoffnung verweigern, später den vollen
Betrag zu erhalten oder zumindest ein besseres
Angebot. Diese Strategie ist jedoch
dadurch erschwert, dass es weltweit fast
unmöglich ist, Vermögenswerte eines ausländischen
Staates zu pfänden." Mit anderen
Worten: Man kann keinen Gerichtsvollzieher
in die argentinische Botschaft
schicken.
Nun hat jedoch Richter Griesa eine seit
vielen Jahrzehnten in Anleihebedingungen
verwendete Klausel neu ausgelegt.
Die Pari-Passu-Klausel schreibt die Gleichbehandlung
von gleichartigen Forderungen
vor. Griesa sieht die Forderungen der
Holdouts gleichrangig mit denen der Inhaber
der Umschuldungsanleihen. Das verpflichtet
zu Zahlungen an beide Investorengruppen.
Der Richter geht noch einen
Schritt weiter und nimmt auch alle anderen
an den Zahlungsvorgängen beteiligten
Parteien mit in die Pflicht, dafür zu sorgen,
dass sein Urteil vollzogen wird.
Zu allererst ist das in diesem Fall die
Bank of New York, die als Treuhänder der
Inhaber der Umschuldungsanleihen die argentinischen
Zahlungen in Buenos Aires
entgegen nimmt und das Geld über Partnerbanken
in aller Welt an die Inhaber der
Schuldtitel weiterleitet. An diesem Prozess
sind dann auch andere Banken und Finanzdienstleister
beteiligt. Das können
auch europäische Abwickler und deutsche
Banken sein. Und all diese Parteien will
Griesa an seinen Urteilsspruch binden.
Entsprechend groß ist die Aufregung in :
der Branche, zumal eine Stärkung der Position
der Holdouts und damit Komplikationen
für künftige Umschuldungen befürchtet
werden. Diese Sorge sei jedoch übertrieben,
erläutert Adam Lerrick, der als
Berater und Vertreter der Anleihegläubiger
an der argentinischen Umschuldung
beteiligt war. Einfluss habe der mögliche
Urteilsspruch und die damit verbundene
Rechtsprechung nur auf einen kleinen Teil
- etwa 10 Prozent - aller Staatsanleihen
und auch nur dann, wenn es zu einer Zahlungsstörung
komme und wenn der Gerichtsstand
im Ausland sei. Alle anderen
hätten keine Pari-Passu-Klausel. Für die
Zukunft sei eine Lösung für das Problem,
falls es überhaupt zu einem Urteil im Sinne
des New Yorker Richters komme, einen
anderen Gerichtsstand als New York zu
wählen. Dann könnten Holdouts allerdings
mit Bezug auf das Urteil auch dort
ein ähnliches Verfahren anstrengen.
Deshalb sei die für Emittenten von
Staatsanleihen sicherste Lösung, die Pari-
Passu-Klausel wegzulassen. Lerrick erwartet
aus diesem Grund nicht, dass das New
Yorker Verfahren nachhaltigen Einfluss
auf die Umschuldungspraxis haben wird.
Noch hat sich die Einschätzung des New
Yorker Richters ohnehin nicht durchgesetzt.
Lerrick rechnet damit, dass das Verfahren
den Supreme Court beschäftigen
wird.
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