Gläubiger kratzen Geld für Athen zusammen
Der Aufschub für Griechenland
ist eine Zitterpartie.
Ohne Belastung der Steuerzahler
kommt das erforderliche
Geld nicht zusammen.
bes;/ruh./wmu.
LONDON/FRANKFURT/
BRÜSSEL, 13. November. Bis zum nächsten
Treffen der Eurogruppe am kommenden
Dienstag wollen sich die Euro-Staaten
und der Internationale Währungsfonds
(IWF) darauf verständigen, wie die
Finanzierungslücke von 32,6 Milliarden
Euro im Hilfsprogramm für Athen geschlossen
werden kann. Die Lücke entsteht,
weil Griechenland von seinen internationalen
Gläubigern ?wei Jahre mehr
Zeit erhalten soll, um seine Sparziele zu erreichen.
Ohne Einigung über die Finanzierungslücke
und die Wiederherstellung der
griechischen Schuldentragfähigkeit wird
die nächste Kredittranche von 31,5 Milliarden
Euro nicht ausgezahlt. Ein Teil dieses
Geldes wird für die Kapitalisierung der
griechischen Banken benötigt.
Mit der Schließung der Finanzierungslücke
hängt zusammen, dass die griechische
Staatsschuld wieder tragfähig werden
muss. Athens Schulden sollen in Relation
zur Wirtschaftskraft auf ein erträglicheres
Niveau reduziert werden. Griechenland
hat derzeit Staatsschulden von etwa 340
Milliarden Euro, von denen etwa die Hälfte
zu EFSF-Konditionen, also zu 2 Prozent
für 10 Jahre verzinst wird. Es gilt als ausgeschlossen,
dass Athen - wi§ im bisherigen
Programm festgelegt - bis 2020 eine Schuldenquote
von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts
erreicht. Für das laufende
Jahr wird mit etwa 175 Prozent gerechnet,
im kommenden Jahr könnte die Schuldenquote
gegen 190 Prozent steigen. Zwischen
dem IWF und der Eurogruppe gibt
es Streit darüber, wie sich die Schuldentragfähigkeit
wiederherstellen lässt. Die
Eurogruppe favorisiert eine Verlängerung
des Ziels bis 2022, der IWF lehnt das ab.
Fest steht bereits, dass die Finanzierungslücke
mit einer Kombination aus
mehreren Maßnahmen geschlossen werden
soll. Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU) schloss am Dienstag in
Brüssel abermals einen Schuldenschnitt
unter Beteiligung öffentlicher Gläubiger
aus. Es werde nichts beschlossen, was sich
unmittelbar auf die öffentlichen Haushalte
auswirke. Es könne allenfalls sein, dass
es durch die Senkung von Zinsen oder
eine Streckung von Zahlungszielen zu
„Änderungen in den Einnahmen“ der
Staatshaushalte komme.
In Londoner Bankenkreisen heißt es dagegen,
in den längst laufenden Verhandlungen
zur Schließung der Finanzierungslücke
bestehe Einigkeit, dass die öffentli-
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sind und die Schuldentragfähigkeit letztlich
nur durch eine Senkung des Schuldenbetrages
erreicht werden kann. Das sehe
auch die Bundesregierung so.
Zunächst aber werden wohl folgende
Maßnahmen beschlossen: Wahrscheinlich
werden die Geberländer die Zinsen auf
ihre bilateralen Kredite von 53 Milliarden
Euro reduzieren, was zu jährlichen Erleichterungen
von 500 Millionen Euro für
Athen führen könnte, Italien und Spanien
aber teuer zu stehen kommt, die sich zu höheren
Zinsen Geld leihen müssen. Einen
Verzicht auf die Kredite wird es zunächst
nicht geben, um den Reformdruck auf
Athen aufrecht zu erhalten. Schäuble
sprach davon, dass es einen „verlässlichen
Mechanismus“ geben müsse, der ausschließe,
dass das griechische Anpassungsprogramm
abermals aus der Spur gerate.
Von privaten Banken und Investoren,
die sich an der ersten Umschuldung Griechenlands
im Februar beteiligt haben, werden
nach Bankenangaben 62 Milliarden
Euro umgetauschte Anleihen gehalten,
die bis 2015 nur mit 2 Prozent und danach
mit langsam steigendem Sätzen verzinst
werden. Diese Zinszahlungen machen für
Athen nicht viel aus, durch eine weitere
Umschuldung wäre nicht viel zu holen.
Schäuble bestätigte aber Überlegungen
über ein Schuldenrückkaufprogramm. In
der Londoner City wird bereits an einem
solchen Programm gearbeitet, mit dem
die im Umlauf befindlichen Griechenlandanleihen,
die mit Marktpreisen von 25
Cent je Euro Nennwert gehandelt werden
von Griechenland mit Hilfe eines Kredites
weitgehend zurückgekauft werden. Nominal
könnte Athen damit fast das Dreifache
des eingesetzten Betrages an Schulden aus
dem Markt nehmen. Dies würde die Schuldenlast
senken. Die verbleibenden Schulden
Athens und damit auch die Risiken
würden dann aber fast komplett bei öffentlichen
Gläubigern liegen.
Etwa 5,7 Milliarden Euro Anleihen werden
von Investoren und Banken gehalten,
die sich an der Umschuldung im Februar
2012 nicht beteiligen wollten und hoffen,
dass sie die alten Anleihen voll ausgezahlt
bekommen. Diese Anleihen werden weitgehend
2016 fällig. Die griechische Regierung
zögert noeh, wie sie mit diesen Titeln
umgehen soll. In der Londoner City
gäbe es aber großes Verständnis für einen
Zahlungsausfall Athens auf diese Restanleihen,
hieß es.
Eine heikle Finanzierungshilfe von
etwa 13 Milliarden Euro könnte Athen
von den Regierungen der Euro-Staaten erhalten,
wenn diese sich entschließen sollten,
die Buchgewinne ihrer Notenbanken
aus dem Tausch der Griechenlandanleihen
während der Umschuldung an Athen
zu überweisen. Die nationalen Notenbanken
hatten Griechenland-Anleihen im Bestand,
die sie zum Nennwert an die EZB
verkauft haben, damit diese die Anleihen
vor der Umschuldung in neue Anleihen
tauscht. Der Buchgewinn wurde von den
Notenbanken an die Länder überwiesen,
und es war vereinbart worden, diese Buchgewinne
weiter nach Athen fließen zu lassen.
Dies ist wegen der Nähe zur Staatsfinanzierung
allerdings umstritten.
Eine entscheidende Größe sind die nominal
45 Milliarden Euro an Griechenland-
Anleihen der Europäische Zentralbank,
die aus dem ersten Anleihekaufprogramm
stammen. Die EZB hat einen Teilverzicht
ausgeschlossen und als unerlaubte
monetäre Staatsfinanzierung bezeichnet.
Als Kernfrage gilt, ob die EZB darauf
pocht, dass ihr die in ihrem Bestand befindlichen
griechischen Anleihen pünktlich
zurückgezahlt werden oder ob sie zu
einem Verkauf zu Preisen deutlich unter-
FAZ Print
MITTWOCH, 14. NOVEMBER 2012 • NR. 266 • SEITE 11
Hallo? Ich zitiere aus dem Artikel:
AntwortenLöschenWas hat das noch mit einer rechtstaatlichen Ordnung zu tun, wenn man sich hier nun an überhaupt nichts mehr halten muss. So wie ich das sehe, wäre der Ausfall nur einer dieser Anleihen ein Default. Die neuen GR Bonds haben kein cross-default (oder?), aber doch pari passu. Nachdem, was gerade in Argentinien passiert, wäre ein Ausfall der Altanleihen doch auch für die Neuanleihen äußerst unangenehm.
Und das mit dem Rückkauf zu 25 % ist doch ein schlechter Witz, während die EZB 100 % bzw. ihren Einstand (plus Zinsen) bekommt.
Ich frage mich ernsthaft, welche Leute hier regieren bzw. die Entscheidungsmacht haben und ob die die Folgen für Ethik, Moral und Rechtsstaatlichkeit bedenken.
"Etwa 5,7 Milliarden Euro Anleihen werden
von Investoren und Banken gehalten,
die sich an der Umschuldung im Februar
2012 nicht beteiligen wollten und hoffen,
dass sie die alten Anleihen voll ausgezahlt
bekommen. Diese Anleihen werden weitgehend
2016 fällig. Die griechische Regierung
zögert noeh, wie sie mit diesen Titeln
umgehen soll. In der Londoner City
gäbe es aber großes Verständnis für einen
Zahlungsausfall Athens auf diese Restanleihen,
hieß es."