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Freitag, 16. November 2012

Samaras verdient Unterstützung


Griechenland-RettungSamaras verdient Unterstützung

 ·  Die griechische Regierung erwartet für ihre Sparbemühungen die Belohnung in Form der nächsten Kredittranche. Die Partner in der EU tun sich und Griechenland keinen Gefallen, wenn sie mit der Auszahlung lange zögern.
Der neue griechische Ministerpräsident Antonis Samaras war beim Antritt seines Amtes - zu Recht - von vielen zweifelnden Urteilen verfolgt worden. Schließlich hatte Samaras früher immer wieder Nachverhandlungen über das Sanierungspaket für Griechenland mit der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gefordert. Nach der Wahl von Samaras war viel Gezerre erwartet worden, doch das Gegenteil ist passiert: Ohne viel Wenn und Aber haben Samaras sowie sein Finanzminister Yannis Stournaras Regierungskoalition und Parlamentsmehrheit auf den Reform- und Sparkurs gezwungen, den die Geldgeber Griechenlands vorgegeben hatten.
Europas schwierigstes Krisenland wurde dabei ziemlich gründlich überwacht: Das nun beschlossene Paket von Reform- und Haushaltsgesetzen wurde mit den Fachleuten der Geldgeber, der Troika, bis ins Detail ausgehandelt und festgelegt. Damit soll verhindert werden, dass vage Sparversprechen für den öffentlichen Verwaltungsapparat oder etwa ein Zahlungsaufschub für Rüstungsgüter als Ausgabenkürzungen gewertet werden. Auch Reformen wie die Veränderungen im Arbeitsrecht, die Kündigungen leichter machen und eine allgemeine Senkung des Lohnniveaus in Griechenland begünstigen sollen, sind in allen Einzelheiten zwischen der Troika und den Vertretern der Regierung ausgehandelt worden. Zwar ist mit dem Beschluss von Gesetzespaketen im Parlament nicht garantiert, dass sie schnell und komplett verwirklicht werden. Aber die Voraussetzungen wurden geschaffen.

Die grundsätzlichen Fragen der Rettung bleiben bestehen

Nach all der Mühe, den Sanierungs- und Reformkurs gegenüber radikalen Oppositionsparteien, militanten Demonstranten und zweifelnden Koalitionspartnern zu verteidigen, erwarten Ministerpräsident Samaras und sein Finanzminister nun die Belohnung Griechenlands in Form der nächsten Kredittranche über 31,5 Milliarden Euro. Doch schon sind zwei neue Hürden entstanden: Zum einen zeigt sich, dass die Prognosen der Troika für die Entwicklung des griechischen Bruttosozialprodukts (BIP) vom März 2012 überholt sind. Griechenlands Wirtschaft schrumpft viel stärker als erwartet.
Deshalb genügen nicht mehr die ursprünglich vorgegebenen Haushaltskorrekturen von 11,5 Milliarden Euro, auch nicht das beschlossene Paket von 13,5 Milliarden Euro, um bis 2014 das vorgegebene Ziel eines Primärüberschusses von 4,5 Prozent des BIP zu erreichen, mit dem Griechenlands Staatsfinanzen wieder auf eigenen Beinen stehen könnten. Zum zweiten ergibt das sinkende BIP eine im Verhältnis dazu immer höhere Schuldenlast. Die Vertreter des IWF glauben zurecht nicht daran, dass Griechenland seine Schulden 2020 tragen kann.
Deshalb bleiben alle grundsätzlichen Fragen der Griechenland-Rettung bestehen - ob das Land nicht mit dem Ausscheiden aus der Währungsunion und einer Abwertung bessere Chancen auf wirtschaftliche Erholung gehabt hätte, ob nicht generell eine Insolvenzordnung für die Staaten der Währungsunion das beste Rettungsinstrument wäre, ob nicht die Europäische Zentralbank mit der Finanzierung kurzfristiger Finanzlücken für den griechischen Staat ihr Mandat überdehnt.

Zu lange und zu verschwenderisch von Krediten gelebt

Doch nachdem die Partner in der Europäischen Union entschieden haben, dass Griechenland um jeden Preis in der Währungsunion bleiben soll, müssen sie auf diesem Weg weitergehen. Sie tun sich und Griechenland keinen Gefallen, wenn sie aus dem Streit über die Auszahlung der nächsten Kredittranchen eine Hängepartie machen. Wenn die Eurozone den Griechen weitere Milliarden leihen will, dann können sie Ministerpräsident Samaras mit einer zügigen Entscheidung auch ein Erfolgserlebnis verschaffen und darauf hoffen, dass er sein Sanierungsprogramm mit Leben füllt. Sollte sich der IWF wegen der fehlenden Schuldentragfähigkeit an der Finanzierung der nächsten Kredittranche nicht beteiligen, muss wohl oder übel die Eurozone noch mehr zahlen.
Griechenlands Wirtschaft liegt derzeit so sehr im Koma, dass Prognosen ohnehin müßig sind: Der Staat zahlt keine Rechnungen mehr, die Banken geben keine Kredite, und aus Angst vor dem Ausscheiden aus der Währungsunion wird weder investiert noch konsumiert. Die neuen Kredite könnten Griechenland wieder etwas Schwung bringen, vor allem, wenn sie bald ausbezahlt werden. Womöglich gibt es sogar Aufholeffekte in der Konjunktur. Um auf einen nachhaltigen Wachstumskurs zu kommen, braucht Griechenland aber noch zahlreiche grundlegende Strukturreformen und die Generalüberholung seiner Institutionen. Zu lange und zu verschwenderisch hat Griechenland von Krediten gelebt, den Staatsdienst aufgebläht, die Korruption blühen und die politische und wirtschaftliche Elite das Land ausplündern lassen. Für wieder mehr Wachstum braucht Samaras neben der Durchsetzung der Reformen die Auszahlung der Kredite - auch als Legitimation für die von der Bevölkerung geforderten Opfer. Aber er braucht für die Zukunft auch weiter die kritische Überwachung durch die Troika.

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