KRISE
EZB darf Griechenland Schulden nicht erlassen
Gutachten des Bundestags gegen Gläubigerverzicht. Finanzministerium in Athen legt neues Sparprogramm vor
Berlin – Vor nicht ganz zwei Wochen bat Mario Draghi im Bundestag um Unterstützung. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) warb vor mehr als 100 Abgeordneten für seine umstrittene Krisenpolitik. Nun bekommt Draghi tatsächlich Unterstützung aus dem Parlament. Ein Gutachten des Bundestages unterstützt seine Argumentation, dass die EZB sich nicht an einem griechischen Schuldenschnitt beteiligen darf.
Die Euro-Retter versuchen derzeit verzweifelt, die milliardenschwere Finanzlücke im griechischen Hilfsprogramm zu schließen. Sie diskutieren rund ein Dutzend Maßnahmen; unter anderem kursiert der Vorschlag, die EZB sollte Griechenland Schulden erlassen. Bei einigen europäischen Regierungen stößt er auf Zustimmung. Doch rechtlich ist er äußerst heikel. Das bestätigt das Gutachten, das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages auf Anfrage der Linksfraktion erstellt hat. In dem Papier, das der Berliner Morgenpost vorliegt, wird ein möglicher Forderungsverzicht der EZB als monetäre Staatsfinanzierung bewertet – und die ist laut EU-Vertrag verboten.
"Mit einem freiwilligen Schuldenschnitt trüge die EZB infolge des Wegfalls einer Schuld zur Senkung des Defizits und damit direkt und unabhängig von den Finanzmärkten zur Finanzierung des öffentlichen Defizits eines Mitgliedsstaats bei", heißt es in dem siebenseitigen Gutachten. Und das wird vom Wissenschaftlichen Dienst als "verbotene Handlung" qualifiziert.
Die EZB hatte griechische Anleihen gekauft, um die Krise zu beruhigen. Es wird geschätzt, dass sie auf Anleihen im Wert von 40 Milliarden Euro sitzt. Allerdings droht Griechenland erneut die Pleite. Im laufenden Hilfsprogramm klafft eine Milliardenlücke. Momentan verhandeln die Euro-Finanzminister, wie man das Loch stopfen kann. Danach könnte Athen endlich die lange ersehnte nächste Tranche von 31,5 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungspaket erhalten.
Athen präsentierte dazu nach mehrmonatigen Verhandlungen am Montagabend die harten Sparmaßnahmen, die in den nächsten Jahren gelten sollen. Am schwersten trifft es demnach die Rentner. Pensionen und Renten sollen um 5 bis 25 Prozent gekürzt, Weihnachtsgelder endgültig abgeschafft werden. Bislang bekamen Rentner und Staatsbedienstete 400 Euro Weihnachtsgeld. Das neue Sparpaket soll an diesem Mittwoch vom Parlament in Athen gebilligt werden.
In den vergangenen Wochen war diskutiert worden, ob die EZB auf die Rückzahlung der Anleihen verzichten könnte – für Athen wäre es eine große Entlastung. Die Zentralbank lehnt einen solchen Schuldenschnitt ab. Das Gutachten des Bundestages gibt ihr recht. Zwar hält der Wissenschaftliche Dienst die Anleihenkäufe der EZB prinzipiell für rechtens, nicht aber einen Forderungsverzicht. Linke-Chef Bernd Riexinger sagte, im Falle eines Schuldenschnitts werde seine Partei "notfalls" vor Gericht ziehen. "Athen sollte neue Liquiditätslücken durch eine 50-prozentige Solidarabgabe der griechischen Millionäre decken", sagte Riexinger der Berliner Morgenpost.
Die Euro-Finanzminister stellen sich unterdessen wohl darauf ein, dass auch bei einem Treffen der Eurogruppe am 12. November keine spruchreife Lösung für die Auszahlung der nächsten Milliarden-Hilfstranche für Griechenland zustande kommt. Das Treffen der Eurogruppe sei lediglich eine "Etappe", bei der keine "förmliche Entscheidung" zu erwarten sei, sagte ein EU-Vertreter beim Treffen der Finanzminister der G-20-Staaten in Mexiko
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