Athen – Die griechische Linkspartei Syriza will nach einem Sieg bei den Parlamentswahlen am Sonntag mit einem Maßnahmenpaket von knapp zwölf Milliarden Euro die Armut lindern und die Wirtschaft ankurbeln. Die ersten Gesetze dafür seien bereits vorbereitet, sagte Theodoros Paraskevopoulos, Syriza-Wirtschaftsberater und Freund von Parteichef Alexis Tsipras, im Gespräch mit der Austria Presse-Agentur in Athen.
Paraskevopoulos hat als Teil einer Gruppe von Ökonomen der Linkspartei ein detailliertes Wirtschaftsprogramm erarbeitet. Die nächste Regierung soll demnach umstrittene Änderungen der Arbeitsgesetze zurücknehmen, die öffentliche Verwaltung reformieren und die Wirtschaft durch Konjunkturmaßnahmen ankurbeln.
Höherer Mindestlohn und Bildungsreform angestrebt
Syriza werde als erste Maßnahme etwa den Mindestlohn anheben und ein Weihnachtsgeld für Niedrigrentner einführen, sagte Paraskevopoulos. Auch werde die Linke Hochschulgesetze der derzeitigen Regierung abschaffen und eine Bildungsreform vorbereiten. Die Kosten aller Maßnahmen betrügen nach Berechnung seiner Partei 11,8 Milliarden Euro.
Zur Finanzierung werde man jedoch keine neuen Budgetlöcher aufreißen, beteuerte der Ökonom. Vielmehr werde man „etwas über zwölf Milliarden“ an neuen Geldern auftreiben. Neue Einnahmen will die Partei etwa durch die Bekämpfung von illegalem Heizölverkauf lukrieren. Diese koste den griechischen Staat allein vier Milliarden Euro im Jahr, sagte Paraskevopoulos. „Davon meinen wir, dass wir drei Milliarden eintreiben können.“
Bekämpft werden soll auch die Korruption in Griechenland. In einer ersten Gesetzesinitiative werde man darum auch die Beschaffung des Militärs neu regeln und dabei Schmiergeldflüsse abdrehen, sagte Paraskevopoulos.
Einfluss der Oligarchen soll gemindert werden
Seine Parteikollegen sprechen davon, den Einfluss der Oligarchen – einflussreicher Unternehmer – in Griechenlands Wirtschaft und Medien einzudämmen. Den Widerstand mächtiger Wirtschaftstreibender sehen die Linken auch hinter der Ankündigung von vier griechischen Banken, wenige Tage vor der Wahl bei der Notenbank in Athen Liquiditätshilfe zu beantragen. Dies sei an sich ein normaler Vorgang.
„Ungewöhnlich ist, dass dies publik wird“, erklärte Paraskevopoulos. Den Informationen der Partei nach sei auch die Europäische Zentralbank wegen der Indiskretion verärgert über die Führung der Notenbank in Athen. „Ich nehme an, dass die Bekanntmachung mit den Wahlen zu tun hat, und die alten Banker Angst haben, dass der griechische Staat seine Eigentumsrechte wahrnimmt bei den Banken.“
Syriza drängt die Euro-Staaten zu einer raschen Lösung des griechischen Schuldenproblems. „Im Juli hat Griechenland wieder Refinanzierungsbedarf. Ich glaube, wenn wir uns bis Juli nicht geeinigt haben, dann gibt es eine Krise“, so Paraskevopoulos.
Umfragen deuten auf Syriza-Sieg hin
Laut Umfragen steht ein Sieg der Linkspartei bei der Parlamentswahl am Sonntag bevor. Einmal an der Regierung will Syriza mit den Eurozonen-Gläubigern über die Umschuldung Griechenlands verhandeln. Die Partei sei dabei aber bei einer Erleichterung kompromissbereit, sagte Paraskevopoulos, der im Beraterstab der Partei sitzt. „Ich sage nicht, dass wir alle unsere Ziele erreichen werden.“
Griechenland ist derzeit mit 177 Prozent seiner Wirtschaftsleistung überschuldet. Gläubiger sind nach Schuldenschnitten für Investoren größtenteils die Euro-Länder, Österreich hat sich an den zwei Griechenland-Hilfspaketen mit insgesamt 5,8 Milliarden Euro an Krediten beteiligt.
In den vergangenen Tagen mehren sich die Rufe nach Verhandlungen über Griechenlands Schulden. Es sei „absolut fair und legitim“, dass eine neue griechische Regierung und die EU darüber redeten, sagte etwa Frankreichs Finanzminister Michel Sapin laut der Financial Times vom Montag. Deutschland und auch Finnland, wo heuer gewählt wird, stellen sich hingegen vehement gegen einen solchen Schritt.
EU-Widerstand gegen Schuldenschnitt „nachvollziehbar“
Ein Schuldenschnitt für Griechenland war bereits 2012 beim zweiten Hilfspaket der Eurostaaten im Rahmen des Rettungsfonds EFSF debattiert worden. Österreich stellte sich damals klar dagegen. Die damalige ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter erklärte im November 2012, „es wäre ja Amtsmissbrauch“, einem Land Kredite zu geben, das diese nicht zurückzahlen könne.
Der Widerstand von Eurostaaten gegen einen Schuldenschnitt sei nachvollziehbar, sagte Paraskevopoulos. Seine Partei habe bereits vor den ersten Griechenland-Hilfen 2010 vor „Rettungsringen aus Blei“ und einem Fass ohne Boden gewarnt, weil das Geld zu den vereinbarten Bedingungen niemals zurückgezahlt werden könne. „Die damalige griechische Regierung hat das gemacht, und jetzt müssen wir eine Lösung finden.“
An einer Lösung der griechischen Probleme müsse aber auch Europa Interesse haben, glaubt der Ökonom. Das zeige die Debatte über einen Euro-Austritt Griechenlands, die dem Zusammenhalt schade und auch weitere Schuldenstaaten gefährde. „Das wollen wir nicht und das wollen unsere Partner nicht“, sagte Paraskevopoulos.
Das Gespräch führte Alexander Fanta, APA.
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