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Montag, 23. September 2013

Der Pressesprecher der italienischen Skandalbank Monte dei Paschi stürzt sich aus dem Fenster, er hinterlässt eine kurze Notiz. Für die älteste Bank der Welt ist das ein Schock.

07.03.13

Monte dei Paschi

Skandal um Krisen-Bank fordert erstes Todesopfer

Der Pressesprecher der italienischen Skandalbank Monte dei Paschi stürzt sich aus dem Fenster, er hinterlässt eine kurze Notiz. Für die älteste Bank der Welt ist das ein Schock. Von 

Die italienische Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) gilt als ältestes Geldinstitut der Welt. Jetzt soll der Pressesprecher der Krisenbank Suizid begangen haben
Foto: dpaDie italienische Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) gilt als ältestes Geldinstitut der Welt. Jetzt soll der Pressesprecher der Krisenbank Suizid begangen haben

Gegen 20.40 Uhr am Mittwochabend endet das Leben von David Rossi, Jahrgang 1961. Der Pressesprecher von Monte dei Paschi stürzt sich aus dem Fenster seines Büros im vierten Stock. Im Papierkorb findet sich ein Zettel, es ist wohl die Handschrift Rossis. Es ist die Abschiedsbotschaft an seine Frau Antonella: "Ich habe eine Dummheit begangen."
Seine Kollegen bei Monte dei Paschi reagieren bestürzt auf die Nachricht, die so in allen großen Zeitungen des Landes erzählt wird. Auf ihrer Facebook-Seite schaltet die Bank einen Trauerflor. "Dieses tragische Ereignis erfordert von uns allen zuerst den Respekt vor der Person. Es ringt uns Kraft und Mut ab, um weiterzumachen und uns unseren Pflichten zu widmen", schreiben Rossis Kollegen.
Später melden sich auch Aufsichtsratspräsident Alessandro Profumo und Vorstandschef Fabrizio Viola zu Wort: "In diesem Jahr, in dem wir Seite an Seite gearbeitet haben, haben wir Davids menschliche Größe, seine Sensibilität, seine Professionalität und sein Bindung an die Bank kennengelernt."

Trauriger Höhepunkt in Italiens größtem Bankenskandal

Der Tod Rossis ist der traurige Höhepunkt in Italiens größtem Bankenskandal. Monte dei Paschi, das älteste Kreditinstitut der Welt mit Sitz in Siena, ist nach einer überteuerten Übernahme und riskanten Derivategeschäften auf 3,9 Milliarden Euro an Staatshilfe angewiesen. Es sollen auch Gesetze gebrochen worden sein. Gegen das frühere Top-Management wird ermittelt, unter anderem wegen Marktmanipulation und Untreue.
Das Debakel ist auch ein brisantes politisches Thema. In Siena haben die Sozialdemokraten das Sagen. Sie steuerten über die Stiftung der toskanischen Metropole, die Großaktionär von Monte dei Paschi ist, die Bank. Sie müssen sich von Ex-Premier Silvio Berlusconi und der Bewegung "Fünf Sterne" des Komikers Beppe Grillo vorhalten lassen, keine ausreichende Kontrolle ausgeübt zu haben. Auch die Notenbank, der die Aufsicht über den Finanzsektor obliegt, sieht sich mit harter Kritik konfrontiert.
Bislang sprechen die Indizien für einen Selbstmord Rossis. Dabei stellt sich die Frage nach dem Motiv für den Freitod. Gegen Rossi selbst ermittelte die Staatsanwaltschaft Siena bisher nicht. Sein Büro und auch seine Wohnung waren am 19. Februar von der Guardia di Finanza durchsucht worden, allerdings nur als Teil einer allgemeinen Beweisaufnahme. Gegenüber einem Freund soll Rossi laut dem "Corriere della Sera" geäußert haben: "Wenn ich wirklich ein Problem hätte, glaubst du, dass ich dann im Amt bleiben würde?"

Rossi kannte Monte dei Paschi wie kaum ein Zweiter

Unzweifelhaft ist, dass Rossi die Bank so gut kannte wie kaum ein Zweiter. Der Kommunikationsexperte galt als ein enger VertrauterGiuseppe Mussaris. Letzterer ist eine der zentralen Figuren im Skandal. Mussari war erst Präsident der Stiftung der Stadt Siena und holte dabei Rossi zu sich. Als er 2006 zum Aufsichtsratspräsidenten der Bank ernannt wurde, nahm er Rossi mit und installierte ihn als Chef der Presseabteilung.
Mussari orchestrierte maßgeblich den Kauf der Banca Antonveneta für mehr als neun Milliarden Euro in bar im Jahr 2007, der sich in der Rückschau als desaströs erwies. Gegen Mussari, der auch Präsident des italienischen Bankenverbands Abi war, wird ermittelt.
Für Monte dei Paschi ist der Tod Rossis ein schwerer Schlag. Der Pressesprecher hatte bei den Journalisten einen guten Ruf, er galt als umgänglich und fair. "Mehrere Male waren wir unterschiedlicher Meinung, aber ich habe ihn geschätzt", sagte Domenico Mugnaini, Redakteur bei der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, dem Fernsehsender "Sky Tg24". "Rossi war eine sehr ernsthafte Person. Die Ermittlungen belasteten ich, obwohl die Staatsanwaltschaft ihn selbst nicht im Verdacht hatte", sagte Andrea Greco, Redakteur bei der Tageszeitung "Repubblica".
Rossi gelang es, der neuen Bankführung unter Ex-Unicredit-Chef Profumo einen guten Start zu ermöglichen. Rossi richtete einen "situation room", also eine Art Krisenstab ein, um die Flut von Anfragen zu bewältigen. Er konzentrierte seine Anstrengungen auf das Fernsehen, um das italienische Massenpublikum zu erreichen. So wollte er verhindern, dass die Kunden um ihr Erspartes fürchten und in einem "Bank Run" die Filialen stürmen. Das ist ihm auch gelungen.

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