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Samstag, 28. September 2013

Griechenland hat hohe Schulden. Der Internationale Währungsfonds drängt darauf, einen Teil zu erlassen. Die Euroländer wollen das nicht. Es droht Krach zwischen den Rettern.


Euro-KriseRettungsfonds-Chef will Athens Schulden tragbar rechnen

 ·  Griechenland hat hohe Schulden. Der Internationale Währungsfonds drängt darauf, einen Teil zu erlassen. Die Euroländer wollen das nicht. Es droht Krach zwischen den Rettern.
Der Chef des Euro-Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, hat einen Weg angedeutet, auf dem die Euroländer und andere öffentliche Kreditgeber um einen Schuldenschnitt für Griechenland herumkommen könnten. Er läuft auf eine Neudefinition der griechischen Schuldentragfähigkeit hinaus. Regling sagte dem „Wall Street Journal“, die im aktuellen Hilfsprogramm für das Land fixierten quantitativen Zieldaten für den Abbau der Staatsschuld reichten nicht aus, um deren Tragfähigkeit zu beurteilen. Eine solche Zielgröße sei für sich genommen „bedeutungslos“. Deshalb sei er von der Notwendigkeit eines Schuldenschnitts, der diesmal auch die öffentlichen Gläubiger beträfe, „nicht überzeugt“.
Damit stellt Regling den Inhalt des im November 2012 vereinbarten Hilfsprogramms für Athen in Frage, an dem auch der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt ist. Darin ist festgehalten, dass die Staatsschuld bis zum Jahr 2020 auf 124 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und bis 2022 auf „deutlich weniger“ als 110 Prozent sinken muss. Nur unter diesen Bedingungen gilt die Staatsschuld bisher als tragfähig, was eine wichtige Voraussetzung für eine IWF-Beteiligung an der Kredithilfe für das Land ist. Derzeit beträgt Griechenlands Staatsschuld rund 170 Prozent des BIP.

Der IWF trägt den kleineren Teil des Hilfsprogramms

Regling sagte, die in dem Programm festgelegten Zielgrößen müssten in Bezug gesetzt werden zu den Konditionen, zu denen das Land seine Kredite zurückzahlen muss. Die Eurogruppe hat die Bedingungen, zu denen der ESM-Vorgänger EFSF die Darlehen an Athen gewährt, mehrfach abgemildert. Deren Laufzeit beträgt nunmehr durchschnittlich 30 Jahre, der Zins liegt weit unter dem von Regling auf etwa 9 Prozent bezifferten Marktniveau bei etwa 1,5 Prozent. Die durchschnittliche Laufzeit der IWF-Kredite betrage dagegen 10 Jahre, das Zinsniveau liege bei drei Prozent. „Für den IWF ist es deshalb sehr wichtig, was in zehn Jahren ist. Unsere Finanzierung dauert aber sehr viel länger“, sagte Regling. Deshalb sei die Situation in zehn Jahren „nicht so wichtig“.
Da die europäische Seite einen weit größeren Anteil des Programms – die Rede ist von etwa 80 Prozent – trage als der IWF, sei es unangemessen, nur die IWF-Interpretation der Schuldentragfähigkeit zu Rate zu ziehen. Die niedrigen Zinsen und die lange Laufzeit enthielten bereits ein „erhebliches Zuschuss-Element“, sagte Regling weiter. Vor diesem Hintergrund erwarte er nicht, dass die öffentlichen Gläubiger auf Forderungen gegenüber Athen verzichteten. „Das würde eine Finanzierung aus den nationalen Haushalten bedeuten, und das wäre in der Tat sehr umstritten.“

Debatte auf der anstehenden IWF-Herbsttagung

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte einen Schuldenschnitt aus diesem Grund immer ausgeschlossen. Dagegen hatte der IWF mehrfach darauf hingewiesen, dass auf die Euro-Staaten nach 2015 weitere Schuldenerleichterungen für Griechenland über 4 und 3,5 Prozent des BIP zukämen, um den Schuldenstand bis 2020 auf 124 Prozent und bis 2022 auf deutlich weniger als 110 Prozent des BIP zu senken. Reglings Versuch einer Neudefinition dürfte deshalb Streit mit dem IWF provozieren, weil er darauf hinausläuft, die Grundlagen der bisherigen Vereinbarung auszuhebeln.
Nach Reglings Angaben haben die Euro-Finanzminister bisher nicht über seine Überlegungen diskutiert. In Brüssel hieß es aber, einzelne Vertreter der Eurogruppe hätten darüber durchaus schon informelle Gespräche geführt. Es sei unvorstellbar, dass der ESM-Chef seine Ideen ohne Abstimmung mit wichtigen Mitgliedstaaten in die Öffentlichkeit trage, sagte ein EU-Diplomat. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass die Eurogruppe einen Schuldenschnitt über den von Regling skizzierten Weg zu vermeiden suche. Alle Mitglieder der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission hätten während der IWF-Herbsttagung in zwei Wochen in Washington ausreichend Gelegenheit, über das Thema zu sprechen.

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