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Samstag, 14. September 2013

Doch wer jetzt noch sein Depot in Alt- und Neubestand teilen lässt, kann sein blaues Wunder erleben: Zumindest bei einer Sparkasse in Nordrhein-Westfalen, die ihren Partner DWP Bank mit dieser Aufgabe betraute, waren anschließend die Gewinne im Neubestandsdepot in allen Fällen, bei denen auch Altbestand existiert, nicht richtig ausgewiesen. Die DWP Bank führt für fast alle Sparkassen, Volksbanken- und Raiffeisenbanken und rund 30 Privatbanken die Depots der Privatkunden. Ob die zumindest irritierende Depotwertanzeige in allen von der DWP Bank betreuten Fällen auftaucht, ist nicht sicher. Womöglich könnte die einzelne Bank daran auch etwas ändern. Gerade Direktbanken haben häufig mehrere Depotdarstellungsformen, in denen unterschiedliche Anschaffungskosten zu sehen sind – eben auch die steuerlich relevanten Anschaffungskurse.


Wie Anleger Altverluste nutzen (2)Mit zwei Aktiendepots Steuern sparen

 ·  Wer BASF-Aktien vor und nach 2009 gekauft hat, sollte sie in zwei Depots trennen, bevor er sie veräußert. Nur dann werden die richtigen BASF mit Gewinn verkauft.
© GETTY IMAGESStapel teilen heißt Geld sparen
Alte, vom Fiskus festgestellte „Spekulationsverluste“ mit Wertpapieren und Immobilien in Steuerbescheiden aus den Jahren 2009 und früher lassen sich ab 2014 nicht mehr mit Veräußerungsgewinnen von Aktien verrechnen. Deshalb sollten jetzt alle Aktien, Aktienfonds und sonstige Wertpapier, die nach 2008 gekauft wurden und mit denen man im Gewinn liegt, auf einen Verkauf in diesem Jahr geprüft werden. Schon um einen besseren Überblick zu erhalten, welche Aktien für einen solchen steuerlich motivierten Verkauf in Frage kommen, sollten Anleger zwei Depots haben: eines mit Wertpapieren, die vor 2009 angeschafft wurden und ein zweites Depot mit Wertpapieren, die ab 2009 gekauft wurden. Damit die aus steuerlicher Sicht „richtigen“ Wertpapiere verkauft werden, sind zwei Depots fast zwingend für die Anleger, die in mehreren Schritten dieselben Aktien oder Fonds vor und ab 2009 erworben haben.
Wie ein Selbstversuch mit einem Aktiendepot bei einer Sparkasse zeigt, lässt sich die Depotteilung jetzt noch umsetzen. Banken unterlaufen dabei allerdings scheinbar Fehler. Anleger müssen zumindest höllisch aufpassen, welche Aktien ihnen mit welchen Anschaffungspreisen wohin gebucht werden, damit sie nicht die falschen Aktien verkaufen. Besser dran sind Bankkunden, die schon seit dem Jahreswechsel 2008/2009 zwei Depots haben. Zwar werden auch sie einige Besonderheiten und vielleicht Überraschungen erleben, aber in den meisten Fällen dürfte in den Depots alles seine Richtigkeit haben.

Steuerlich sinnvolle Aktienverkäufe prüfen

Im Jahr 2009 wurde die Abgeltungssteuer eingeführt. Seither muss die Bank für den Depotkunden bei einer Aktie nicht nur auf die Dividende 25 Prozent Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag plus eventuell Kirchensteuer an den Fiskus zahlen; auch der Veräußerungsgewinn ist abgeltungssteuerpflichtig – gleichgültig, wie lange der Aktionär die Aktie besessen hat. Wer also glücklicher Aktionär etwa von Infineon oder Drillisch ist, deren Aktienkurs sich seit 2009 mehr als verzehnfacht hat, wird irgendwann in den sauren Apfel beißen und beim Verkauf seine Gewinne versteuern müssen – es sein denn, der Anleger hat Altverluste und trennt sich noch in diesem Jahr von Gewinneraktien. Dann kann sich der Steuerpflichtige die von seiner Bank abgeführte Abgeltungssteuer über seine Steuererklärung zurück holen. Dazu sollte er sich an einen Steuerberater wenden.
Mit der Prüfung der steuerlich sinnvollen Aktienverkäufe sollte der Anleger jedoch unverzüglich beginnen. Wer zwei Depots hat, sollte recht schnell klären können, mit welchen Aktien er seit Jahresanfang 2009 im Gewinn ist – sollte man eigentlich meinen. Schließlich sind dafür entscheidend der aktuelle Kurs und der Anschaffungspreis. Ist der aktuelle Kurs höher als der Anschaffungspreis, käme es beim Verkauf zu einem steuerlich relevanten Gewinn. Doch wer jetzt noch sein Depot in Alt- und Neubestand teilen lässt, kann sein blaues Wunder erleben: Zumindest bei einer Sparkasse in Nordrhein-Westfalen, die ihren Partner DWP Bank mit dieser Aufgabe betraute, waren anschließend die Gewinne im Neubestandsdepot in allen Fällen, bei denen auch Altbestand existiert, nicht richtig ausgewiesen.
Die DWP Bank führt für fast alle Sparkassen, Volksbanken- und Raiffeisenbanken und rund 30 Privatbanken die Depots der Privatkunden. Ob die zumindest irritierende Depotwertanzeige in allen von der DWP Bank betreuten Fällen auftaucht, ist nicht sicher. Womöglich könnte die einzelne Bank daran auch etwas ändern. Gerade Direktbanken haben häufig mehrere Depotdarstellungsformen, in denen unterschiedliche Anschaffungskosten zu sehen sind – eben auch die steuerlich relevanten Anschaffungskurse.

First-In-First-Out

Die Sparkasse indes kann nach unserem Selbstversuch die Wertentwicklung der Aktien nicht auf Basis der wahren Anschaffungskursen darstellen. Vielmehr werden wegen der in Schritten erfolgten Aktienkäufe auch nach der Depottrennung die Aktienbestände zu einem einheitlichen Durchschnittskurs ausgewiesen. Zum Beispiel einem Telekom-Aktionär, der seine ersten Telekom-Aktien zu hohen Kursen um das Jahr 2000 gekauft hat und der nach 2009 Telekom-Aktien nachgekauft hat, bescheinigt das Neubestandsdepot, er liege mit diesen zuletzt gekauften Telekom-Aktien im Verlust. Doch das ist hier aus mehreren Gründen falsch, wie anhand der Telekom in einem späteren Beitrag noch besonders markant zu zeigen sein wird. Festgehalten werden kann aber schon hier: Nach 2009 gekaufte Telekom-Aktien können für einen steuerlich motivierten Verkauf mit Gewinn in Frage kommen, obwohl der Anleger scheinbar mit ihnen gar nicht im Gewinn liegt
Diese Anzeige der kumulierten Durchschnittskurse und nicht der wahren Anschaffungskosten in vielen Depots für Aktien in Alt- und Neubestand ist mehr als nur ärgerlich. Denn gerade wenn ein Steuerpflichtiger zum Beispiel von BASF Aktien hat, von denen ein Teil vor 2009 und ein Teil nach 2009 erworben wurde, sollte er diese Bestände durch zwei Depots trennen. Denn die Bank wendet im Auftrag des Fiskus das sogenannte Fifo-Verfahren (First-In-First-Out) an: Verkauft werden die Aktien, die am längsten im Bestand sind. Dabei geht die Bank allerdings getrennt nach Depots vor. Insofern lässt sich durch eine Aufteilung des Depots das Fifo-Verfahren ein Stück weit und für die Nutzung der Altverluste sogar entscheidend aushebeln, wie später noch genauer gezeigt wird. Doch zunächst müssen die Klippen, die bei der Trennung der Depots auftauchen, so gut wie möglich umschifft werden.
In unserem Fall hatte der Anleger im Schrank noch einen Depotauszug vom 31. Dezember 2008 und alle danach getätigten Wertpapierkäufe auf Papier im Ordner abgeheftet. Deshalb war ihm überhaupt aufgefallen, dass die Anschaffungskurse im Depot „Neubestand“ nicht die wahren sind. Er schickte die Wertpapieraufträge seiner Sparkasse, und es dauert gut eine Woche, bis schließlich die richtigen Anschaffungskosten von der DWP Bank im Depot „Neubestand“ eingepflegt waren. Auch die Telekom-Kurse dort waren jetzt korrigiert, aber es sind nur auf den ersten Blick die richtigen. Warum dies bei den Telekom-Aktien noch immer nicht die steuerlich relevanten Anschaffungskurse sind, davon wird noch die Rede sein.

Anleger sollten sich informieren

Richtig ist die Sparkasse indes vorgegangen, indem sie die nach 2009 neu erworbenen Aktien im alten Depot gelassen und die alten Aktienbestände in ein neues Depot verschoben hat. Der umgekehrte Weg wäre fatal gewesen. Das muss aber nicht immer so sein. „Wenn eine Bank in der Depotübersicht nicht die richtigen steuerlich relevanten Anschaffungskurse ausweist, sondern etwa kumulierte Durchschnittskurse, heißt das nicht, dass diese wichtigen Daten verloren sind. Sie sind nur für den Anleger versteckt, weil die Banken erst seit Einführung der Abgeltungssteuer diese Informationen für den Fiskus sammeln müssen und dies erst nachträglich programmiert haben“, erklärt Bernd Schmitt, Partner in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY).
Allerdings werden die steuerlich relevanten Anschaffungskurse mit übertragen, wenn Aktien in neue Depots gesteckt werden. Das heißt: „Die Depottrennung in Altbestand vor der Abgeltungssteuer und in Neubestand seit der Abgeltungssteuer ist zwar jetzt noch möglich“, sagt Steuerberater Schmitt. „Aber Anleger sollten sich genau informieren, wie ihre Bank die Übertragung programmiert hat. Entscheidend ist, welche Bestände mit welchen Anschaffungskosten übergehen“, sagt Schmitt. Das Bundesfinanzministerium habe den Banken dafür keine Regeln auferlegt, aber die meisten wenden wohl Fifo an. Ein Anleger, der nach 2009 erworbene Aktien mit Gewinn verkaufen will, muss sich also informieren, in welchem Depot diese tatsächlich stecken, damit er auch die richtigen für den Verkauf erwischt. Die DWP Bank bestätigt: „Das Empfängerdepot enthält immer die ältesten Anschaffungsdaten.“ Deshalb gehört bei den meisten Banken der Neubestand ins alte und der Altbestand in ein neues Depot. Und nur aus diesem alten Depot lassen sich dann die steuerlich relevanten Aktienverkäufe tätigen, mit denen sich mit Hilfe der Altverluste die Steuerlast drücken lässt.
Fifo gilt für jedes Depot separat
Beim Verkauf von Aktien desselben Unternehmens gilt: First-in-First-out. Dies bedeutet, dass die Bank im Auftrag des Fiskus bei Wertpapierveräußerungen unterstellt, dass zuerst angeschaffte Wertpapiere auch zuerst verkauft werden. Dieses gesetzlich vorgeschriebene Fifo-Verfahren hat mit Einführung der Abgeltungssteuer zum Jahresanfang 2009 für Anleger an Bedeutung gewonnen. Die bis dahin geltende einjährige Haltefrist für steuerfreie Verkäufe ist weggefallen. Nun muss jeder Veräußerungsgewinn unabhängig von der Haltefrist der Wertpapiere versteuert werden.
Für vor dem 1. Januar 2009 angeschaffte Aktien gilt aber Bestandsschutz – die alte Gesetzeslage bleibt also gültig. Daher ist der Verkauf von Altbestand heute kein steuerlich relevanter Vorgang.
Die Bank muss, wenn die Aktien in einem Depot liegen, zuerst die ältesten Aktien verkaufen. Für einen Privatanleger, der am 1. August 2008 100 Stück der Aktie X gekauft hat und am 5. Januar 2013 weitere 50 Stück der Aktie X erworben hat und mit diesem Neubestand im Gewinn ist, kann es sinnvoll sein, diese Aktien zu verkaufen. Verkauft wird der Neubestand aber nur, wenn der Anleger seinen Bestand an X-Aktien vollständig verkauft. Wer das nicht will, kann zu einem Trick greifen, indem er die Bestände durch zwei Depots trennt. Denn das Fifo-Verfahren darf für jedes Depot separat angewendet werden.
Bei einem Depotübertrag (innerhalb derselben Bank oder zu einer anderen) ohne Gläubigerwechsel ist nicht festgelegt, ob dies auch nach Fifo-Verfahren erfolgt. In den meisten Fällen dürfte dies so ein, aber die Kunden sollten ihre Bank vorher fragen. Dann sollten die Anleger die 100 X-Aktien (mit den Originalanschaffungsdaten) vom 1.August 2008 in das neue Empfängerdepot übertragen lassen. Falls sie 110 Aktien übertragen, dann werden einerseits die Anschaffungsdaten vom 1. August 2008 und auch die vom 5. Januar 2013 für 10 Aktien (im Verhältnis heruntergerechnet) übernommen.
Zumindest enthält das neue Empfängerdepot immer die ältesten Anschaffungsdaten. Nur dort löst der Kunde noch heute steuerlich relevante Aktienverkäufe aus. Deshalb sollten auch die Gewinneraktien dort hinein, damit im „richtigen Depot“ das Fifo-Verfahren angewendet und, anders als in einem Depot, der Altbestand vom Fifo-Verfahren verschont wird.
Hanno Mußler

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