Düsseldorf, 09.09.2013
Griechenland erlässt Deutschland die Schulden -
erlassjahr.de erinnert an historische Entschuldung Deutschlands vor 60 Jahren
Während kurz vor der Bundestagswahl die Diskussion um einen nächsten Schuldenschnitt für Griechenland weitergeht, nähert sich der 60. Jahrestag der großzügigen Entschuldung der jungen Bundesrepublik Deutschlanddurch mehr als zwanzig Gläubigerstaaten, darunter auch Griechenland. Das Entschuldungsbündnis erlassjahr.de erinnert an dieses wenig bekannte historische Ereignis.
Am 16. September 1953 trat das kurz zuvor in der britischen Hauptstadt unterzeichnete „Londoner Schuldenabkommen" in Kraft. Es stellte die Weichen für das deutsche Wirtschaftswunder der fünfziger und sechziger Jahre. Das Abkommen ist noch heute eines der wenigen Beispiele dafür, wie umsichtig und nachhaltig Schuldenmanagement sein kann - wenn der politische Wille dazu vorhanden ist.
„Während heute über das dritte Rettungspaket und den dritten Schuldenschnitt für Griechenland diskutiert wird, zeigt das Londoner Abkommen, wie es geht", erklärt Jürgen Kaiser, politischer Koordinator von erlassjahr.de. „Wenn ein Schuldenschnitt unumgänglich ist, muss einmal ‚geschnitten' werden - dann aber richtig. Deutschlands Entlastung um rund 50% seiner Verbindlichkeiten war im Zweifel eher zu großzügig, aber sie stellte sicher, dass die verbliebenen Schulden tragbar sein würden. Diesen Neuanfang verwehren Deutschland und die Troika den Griechen heute."
Entscheidend zum Erfolg der Entschuldung Deutschlands beigetragen haben auch die qualitativen Aspekte des Abkommens, wie Verhandlungen auf Augenhöhe zwischen Schuldnern und Gläubigern und die Regelung aller Schulden in einem einheitlichen Verfahren. Schulden sollten darüber hinaus nur aus Außenhandelsüberschüssen gezahlt werden ohne den Rückgriff auf Reserven oder neue Kreditaufnahme. Im Fall von Zahlungsschwierigkeit sah das Abkommen ein eigens geschaffenes Schiedsverfahren als Schlichtungsinstrument vor.
Das alles fehlt dort, wo heute über Schuldenprobleme beraten wird. „Die Regularien des Londoner Abkommens sind wegweisend für den Umgang mit heutigen Schuldenkrisen - mit überschuldeten Staaten in der Eurozone, aber auch im Umgang mit hochverschuldeten Staaten mit niedrigem Einkommen im globalen Süden" so Eva-Maria Heerde-Hinojosa von Misereor, einem der 700 Mitträger von erlassjahr.de.
Heute tritt Deutschland selbst als Gläubiger auf. erlassjahr.de fordert daher von der zukünftigen Bundesregierung, ihrer historischen Verantwortung gerecht zu werden und sich für ein faires und transparentes Insolvenzverfahren für Staaten einzusetzen. Das Londoner Schuldenabkommen zeigt es deutlich: Entwicklung braucht Entschuldung.
„erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung" ist ein breites gesellschaftliches Bündnis aus derzeit etwa 700 Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. erlassjahr.de ist eingebunden in einweltweites Netzwerk von über 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen. Sie alle wollen es nicht hinnehmen, dass untragbar hohe Schulden in vielen Ländern des Südens wichtige Investitionen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur unmöglich machen.
Weitere Informationen: Mara Liebal, 0211 - 46 93 211, m.liebal@erlassjahr.de
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