© INTERFOTOHaupt und Glieder: Neben den sieben Kurfürsten (erste Reihe, nebst Papstwappen) vereinte das Reich rund 300 Territorien. Das ging Hunderte von Jahren gut.
Nein, eine gute Presse hatte dieses Gebilde nicht. Es war weder ein Staatenbund noch ein Bundesstaat, Entscheidungsprozesse zogen sich lange hin und endeten oft im Irgendwo, viele Zuständigkeiten waren gar nicht präzise geregelt. Auch das Währungssystem bedurfte ständiger Nachbesserung. Von einem „irregulären und einem Monstrum ähnlichen Körper“ sprach der Jurist Samuel Pufendorf.
Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, im Hauptberuf Minister eines europäischen Kleinstaats, spottete ebenfalls. Als Jugendlicher hatte er in Frankfurt am Main die Amtseinführung eines Mannes erlebt, der als oberster Repräsentant dieses kuriosen Organismus gelten konnte. „Der junge König schleppte sich in den ungeheuren Gewandstücken mit den Kleinodien Karls des Großen, wie in einer Verkleidung, einher“, schrieb Goethe. „Die Krone, welche man hatte füttern müssen, stand wie ein übergreifendes Dach vom Kopf ab.“
Man ist bei dieser Beschreibung versucht, an den europäischen Ratspräsidenten Herman Van Rompuy zu denken, wie er sich hager und einflussarm von Krisengipfel zu Krisengipfel schleppt - und liest aus Goethes Kritik die heutige Euroskepsis heraus. Aber es handelte sich um den Habsburger Joseph II., der sich 1764 von sieben mitteleuropäischen Regierungschefs zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation wählen und anschließend gleich krönen ließ.
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