II. Rechtliche Würdigung
1. Immunität: Deutsche Gerichte smd nicht berufen, über die
Rechtmäßigkeit der Umschuldung zu entscheiden,
43 Der Vortrag des Klägers lässt nicht erkennen, gegen welche konkrete Handlung
der Beklagten sich sein Vorwurf der „Veranlassung der Ausbuchung der streitgegenständlichen
Staatsanleihen aus dem Depot des Klägers bei der Sparkasse
Darmstadt“ richtet. Wie vorstehend dargelegt, erfolgte die Umschuldung durch
ein Umtauschangebot (das der Kläger nicht angreift) sowie einen collectiveaction-
Prozess auf Grundlage und gemäß den Vorschriften des griechischen
Gesetzes 4050/2012, d.h. einen Beschluss der Anleihegläubiger (für deren
Ergebnis die Beklagte nicht verantwortlich ist), der gemäß den Vorschriften des
griechischen Gesetzes 4050/2012 mit Feststellung des Beschlussergebnisses
allgemeinverbindlich geworden ist. Da die Feststellung eines Beschlüssergebnisses
keinen Eingriff in Rechte des Klägers (geschweige denn eine „Veranlassung
der Ausbuchung“ von Anleihen aus seinem Depot) darstellt, kann sich
der Vorwurf des Klägers eigentlich nur (freilich in unbegründeter Weise) gegen
den Erlass des Gesetzes 4050/2012 richten, das den entsprechenden rechtlichen
Rahmen für den Gläubigerbeschluss und dessen Allgemeinverbmdlichkeit
geschaffen hat. Insoweit steht der Klage die Immunität der Beklagten entgegen.
44 Die beklagte Hellenische Republik genießt für hoheitliches Handeln (acta iure
imperii) Immunität. Deutsche Gerichte sind nicht berufen, über die Rechtmäßigkeit
hoheitlichen Handelns eines ausländischen Staates zu urteilen. Nach
geltendem Völkerrecht unterliegt ein Staat nicht der Gerichtsbarkeit eines anderen
Staates, wenn und soweit es um die Beurteilung seines hoheitlichen
Verhaltens geht.
Vgl.: BVerfG NJW 2006, 2542; BGH NJW 1979,1101; vgl. für die
Vereinbarkeit von Immunität mit der EMRK auch EGMK, Uit.
vom 21. November 2011 (AI-Adsani ./. Vereinigtes Königreich,
Nr. 35763/97); EGMR, Urt. vom 21. November 2011
(McElhinney ./. Irland, Nr. 31253/96)
45 Für die Qualifizierung von Handlungen ausländischer Staaten als hoheitlich ist
die Natur der jeweiligen Staatstätigkeit maßgeblich. Dabei ist grundsätzlich
entscheidend, ob das nationale Recht des Gerichtsstaats, d.h. hier das Recht der
Bundesrepublik, den jeweiligen Akt als hoheitlich oder nicht-hoheitlich einstuft.
„ Maßgebend fü r die Unterscheidung zwischen Akten iure imperii
und iure gestionis kann vielmehr nur die Natur der staatlichen
Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses
sein, nicht aber Motiv oder Zweck der Staatstätigkeit. Es kommt
also darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm
zustehenden Hoheitsgewalt, also öffentlich-rechtlich, oder wie
eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist. [...]
Das nationale Recht darf für die Unterscheidung zwischen hoheitlicher
und nicht-höheitlicher Tätigkeit des ausländischen
Staates nur mit der Maßgabe herangezogen werden, daß vom
hoheitlichen Bereich und damit von der Immunität nicht solche
Handlungen des Staates ausgenommen werden dürfen, die nach
der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum
Bereich der Staatsgewalt im engeren und eigentlichen Sinn
gehören. Zu diesem allgemein anerkannten Bereich hoheitlicher
Tätigkeit wird die Betätigung der auswärtigen und militärischen
Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und
die Rechtspflege zu rechnen sein [...], “
Vgl.: BVerfG, NJW 1963, 1732 (1735) - „Iranischer Botschaftsfall“
[Hervorhebung hinzugefügt]
Der Erlass des griechischen Gesetzes 4050/2012 fällt in den allgemein anerkannten
Bereich hoheitlicher Tätigkeit.
Der Grundsatz der Staatenimmunität im Erkenntnisverfahren bei hoheitlichem
Handeln eines ausländischen Staates (acta iure imperii) ist eine allgemeine
Regel des Völkerrechts im Sinne von Artikel 25 GG.
Vgl.: BVerfG, NJW 1963, 1732 (1735) - „Iranischer Botschaftsfair
Gemäß Art. 25 GG sind allgemeine Regeln des Völkerrechts als Bestandteil des
Bundesrechts von allen staatlichen Organen anzuwenden, ohne dass es eines
gesetzlichen Transformationsaktes bedürfte. Die allgemeinen Regeln des
Völkerrechts gehen den Gesetzen vor.
Vgl.: Herdegen in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 66. El.
2012, Art. 25, Rn. 36, 37
Streitgegenständlich sind angebliche deliktische oder deliktsähnliche
Handlungen der Hellenischen Republik, Ein deutsches Gericht hat darüber nicht
zu befinden. Der Weg zur deutschen Gerichtsbarkeit ist vorliegend nicht eröffnet
und die Klage bereits aus diesem Grund abzuweisen.
Privatanleger können sich auf einen Gerichtsstand berufen, der in Artikel 16, Abs. 1 der EuGVVO geregelt ist. Es handelt sich um die Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Artikel 16 EuGVVO stellt schlicht fest, dass die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner auch am Gericht des Ortes erhoben werden kann, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
AntwortenLöschen...soviel dazu....
Du redest von der örtlichen Zuständigkeit, hier geht es aber um die funktionale und sachliche Zuständigkeit
Löschendaß das Gesetz rechtmäßig zustandegekommen ist, steht auch nicht in Abrede. Ziel des deutschen Verfahrens muß es sein, das Gesetz wegen dem ordre public - Vorbehalt nicht anzuwenden http://de.wikipedia.org/wiki/Ordre_public_(Deutschland) zum "Schutz der materiellen Grundwerte der eigenen Rechtsordnung (Prinzip der materiellen Gerechtigkeit)". Und hier meine ich ist ein fast entschädigungsloser Verfall von schuldvertraglichen Ansprüchen und/oder entschädigungsloser Entzug von Eigentum eben ein so schwerwiegender Eingriff, daß er mit den Grundwerten (nicht nur des) Deutschen Rechts nicht vereinbar ist. Das Gericht hat daher das Gesetz aus 2012 nicht anzuwenden und den Sachverhalt so zu beurteilen, als gäbe es dieses Gesetz nicht, daher also den Anleihegläubiger zur Zahlung verurteilen.
AntwortenLöschenEin weiterer Grund für die ordre public - Widrigkeit des Gesetzes ist die willkürliche Einbeziehung von ISINs. Es wurden ja nicht alle ausstehenden Anleihen, sondern nur willkürlich ausgewählte Anleihen enteignet. Die ISINs, die etwa von der EZB gehalten wurden, waren ausgenommen. Damit widerspricht das Vorgehen dem Gleichheitsgrundsatz, ein elementarer Rechtsgrundsatz in D (http://home.snafu.de/mf/ealgforum/rspr/BVerfG23041991_1170_90.htm) und ist ebenso ein Grund für die Nichtanwendbarkeit des Gr. Gesetzes.
ob eine Enteignung mit Gesetz, Verordnung, Beschluß des Staatsrates oä durchgeführt wurde ist egal (so sind ja alle Enteignungen der kommunistischen Staaten durch Gesetz durgeführt worden, etwa durch das Baulandgesetz der DDR), davon wurde im Westen nie was anderkannt ), das sind ja immer Hoheitsakte.
Was zu diskutieren ist, das ist die Tiefe des Eingriffs dieses Gesetzes in die Grundwerte des Deutschen Rechts. Nicht jedes ausländische Gesetz, das Dinge anders löst als Deutschland, ist ordre public- widrig. Die Schranke ist hoch, sonst bräuchten wir kein IPR. Ich meine, daß eine willkürliche, fast entschädigungslose Enteignung, unseren Grundwerte so stark widerspricht, daß es eben nicht anzuwenden ist. Hier hätte ich mir eine Erwiderung der Gegenseite erwartet á la nationaler Notstand oder so.
Ist doch logisch dass die ordre public Thematik nicht diskutiert wird. Die wollen sich doch nicht selbst ins Knie schießen.
AntwortenLöschenDie Rechtsscheinthematik und das ordere public sind aber m.E. sehr interessante Ansätze.
Und nach Deutschem Recht müsste es ja von größter Bedeutung sein, dass der Pharma Zero Bond GR0326040236, die EZB Bonds z.B. GR0110026284 und EIB Bonds z.B. GR0108005449 und sogar Bonds die die EU z.B. GR0110024263 gehalten haben, nicht zwangsgetauscht wurden. Ebenso wie alle T-Bills z.B. GR0002090539
Es bleibt spannend.....