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Sonntag, 28. Juli 2013

„Ich glaube, die Krise wird sich im Spätherbst zuspitzen. Wir werden in eine neue Phase der Krisenbewältigung eintreten.“ Nach der Bundestagswahl Ende September werde Frankreich den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) und Deutschland erhöhen.

DEBATTE ÜBER MÖGLICHE EZB-HILFE„Frankreichs Entwicklung ist besorgniserregend“

exklusivWird Frankreich zum ernsthaften Problem für die Euro-Zone? Ex-EZB-Chefvolkswirt Stark spekuliert bereits über mögliche Zentralbank-Hilfen. In Berlin hält man wenig von dem Vorstoß, auch wenn man die Analyse Starks teilt.
Die Nationalflagge von Frankreich. Quelle: dpa
Die Nationalflagge von Frankreich.Quelle: dpa
BerlinDie Einschätzung des ehemaligen Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, wonach sich die Euro-Schuldenkrise wegen Frankreich erneut zuspitzen könnte, stößt in der schwarz-gelben Koalition auf scharfe Kritik. „Spekulationen à la Stark verunsichern Investoren und Finanzmärkte, helfen nicht weiter, sondern können im Gegenteil die Lage verschärfen“, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Birgit Reinemund (FDP), Handelsblatt Online.
Ähnlich äußerte sich der Chefhaushälter der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle. „Frankreichs Entwicklung ist besorgniserregend und zeigt die Folgen sozialistischer Politik. Das Spekulieren über Zuspitzungen in der Eurokrise bringt uns in der Sache aber überhaupt nicht weiter“, sagte der CDU-Politiker Handelsblatt Online.

STARK-INTERVIEW ZUM DOWNLOAD„Es gibt keine rote Linie mehr“

Jürgen Stark, einst Chefvolkswirt der EZB, rechnet im Interview mit jener Institution ab, für die er über fünf Jahre gearbeitet hat.
Stark-Interview zum Download: „Es gibt keine rote Linie mehr“
Stark hatte im Interview mit dem Handelsblatt (Freitagausgabe) gesagt: „Ich glaube, die Krise wird sich im Spätherbst zuspitzen. Wir werden in eine neue Phase der Krisenbewältigung eintreten.“ Nach der Bundestagswahl Ende September werde Frankreich den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) und Deutschland erhöhen. Das Staatsanleihekaufprogramm OMT solle eigentlich in Spanien und Italien zum Einsatz kommen. „Aber der Druck wird enorm werden, das Instrument auch in Frankreich einzusetzen. Und zwar ohne, dass sich das Land unter den Rettungsschirm begeben muss“, sagte Stark.
Reinemund sagte dazu, bis heute sei es bei der reinen Ankündigung des EZB-Chef Mario Draghi zum OMT-Programm geblieben und dennoch seien dadurch die Märkte beruhigt worden. „Laut Draghi steht dieses EZB-Programm nur für Länder unter dem Rettungsschirm zur Verfügung“, unterstrich die FDP-Politikerin. „Ich habe keinerlei Veranlassung, an dessen Worten zu zweifeln.“

Woran Frankreich krankt

  • Wettbewerbsfähigkeit
    In Frankreich sticht die ungünstige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit hervor. Auch deshalb ist der Weltmarktanteil des Exportsektors des Landes deutlich gesunken; die Leistungsbilanz hat sich seit Beginn der Währungsunion kontinuierlich verschlechtert– von einem Überschuss von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu einem Defizit von zuletzt etwa 2 Prozent. Im Durchschnitt der zurückliegenden drei Jahre hat Frankreich damit das höchste Leistungsbilanzdefizit aller Kernländer aufgewiesen. Im „Global Competitiveness Report 2012-2013“ belegt Frankreich damit nur Rang 21 von insgesamt 144 Ländern. Im Jahr 2010 wurde es mit Rang 15 noch deutlich besser bewertet.
    Quelle: Frühjahrsgutachten der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute; Commerzbank
  • Lohnstückkosten
  • Arbeitslosigkeit
  • Staatsverschuldung
  • Private Verschuldung
  • Verlust von Weltmarktanteilen
Barthle sagte, die Euroländer hätten die Instrumente zur Stabilisierung der Euro-Zone selbst in der Hand: Nachhaltige Haushaltskonsolidierung und tiefgreifende Strukturreformen für Wachstum und Beschäftigung. Mit Blick auf Frankreich fügte der CDU-Politiker hinzu: „Nachdem Präsident Hollande im Mai die Reformempfehlungen der EU-Kommission brüsk abgelehnt hat, sollte er sie sich vielleicht in Ruhe noch einmal ansehen. Europa kann sich ein schwächelndes Frankreich nicht erlauben.“
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