DüsseldorfWer Zeit hat, sollte sich heute in der Mittagspause einen langen Spaziergang vornehmen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass um 13 Uhr die Sonne scheint, das prognostizieren zumindest die Stromnetzbetreiber. Wer wissen will, wie stark die Sonne in den nächsten Stunden scheint, muss nicht mehr in den Wetterbericht schauen. Auf der Seite der Leipziger Strombörse EEX wird jeden Tag abgebildet, wie viel Solar- und Windstrom in den folgenden 24 Stunden produziert wird.
Der Juni hat bereits alle Rekorde gebrochen. Im vergangenen Monat wurden laut Berechnungen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) 4,3 Terrawattstunden (TWh) Solarstrom produziert. Selbst der Rekordmonat Mai im Jahr 2012 konnte da nicht mithalten – damals wurden 4,1 Terrawattstunden Strom aus Sonnenenergie gewonnen.
Dank der erneuerbaren Energien ist der Börsenstrompreis laut Experten in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich gesunken. Allein im Juni wurde die Hälfte des Stroms im kurzfristigen Handel für unter 30 Euro verkauft. Wenn die Sonne scheint, müsste sich also auch der private Stromkunde die Hände reiben. Doch der Preisfall kommt beim Verbraucher nicht an. Die Statistik zeigt, dass der Preis für Verbraucher sogar gestiegen ist. Im internationalen Vergleich sind die Strompreise in Deutschland besonders hoch.
Dabei drückt das hohe Energieangebot massiv auf den Börsenstrompreis. Ein besonders ertragreicher Tag in diesem Sommer war der 16. Juni, ein Sonntag. Wind- und Solaranlagen erzeugten gemeinsam bis zu 30.000 Megawatt Strom, zu viel für einen Tag, an dem viele Fabriken stillstehen und der Stromverbrauch daher gering ist. Und wann immer mehr Strom produziert als nachgefragt wird, haben die Energieerzeuger ein Problem: Denn sie müssen ihr Gut irgendwie los werden.
STROMPREISE
Strompreise* für Haushalte in ausgewählten europäischen Ländern
im Jahr 2012 (in Euro-Cent pro Kilowattstunde)
(mit der Maus über die Grafik fahren)
Zur Not auch gegen Geld. So kam es am 16. Juni einmal mehr zeitweise zu einem paradoxen Phänomen: Stromhändler bekamen die Ware der Energieerzeuger nicht nur geschenkt, sondern mit einem kräftigen Bonus obendrauf regelrecht hinterher geschmissen. Wer etwa um 16 Uhr zuschlug, bekam nicht nur Strom zum Nulltarif, sondern zusätzlich noch 100 Euro pro Megawattstunde geschenkt.
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