Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Montag, 26. August 2013

Außerdem will Stournaras bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 den Finanzmarkt mit einer neuen Bond-Emission testen. Der Finanzminister räumte zwar ein, dass die aktuelle Rendite der griechischen Zehnjahresanleihe von fast zehn Prozent noch viel zu hoch sei, um an den Markt zu gehen: „Natürlich ist es unmöglich, zu diesen Konditionen Geld aufzunehmen“, sagte Stournaras, „aber die Renditen werden fallen.“

JENS WEIDMANN„Die Krise ist nicht vorbei“

exklusivGriechenland und den anderen Krisenstaaten dürfen aus Sicht des Bundesbank-Chefs keine Schulden mehr erlassen werden. Jens Weidmann plädiert für ein anderes Krisenkonzept. Griechenland geht seinen eigenen Weg.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt vor einem neuen Schuldenschnitt für Griechenland.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnt vor einem neuen Schuldenschnitt für Griechenland.
DüsseldorfDer Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, ist gegen einen neuerlichen Schuldenschnitt für Griechenland. „Ein Schuldenerlass, der nur dazu führt, dass wir in fünf Jahren wieder vor der gleichen Situation stehen, wäre kontraproduktiv und ein falsches Signal für die Programmländer“, sagte Weidmann im Interview mit dem Handelsblatt (Montagausgabe). Die Krise in Griechenland könne nur durch Reformen im Land selbst überwunden werden. „Neue Hilfen allein schaffen keine wettbewerbsfähigen Unternehmen und dauerhaft soliden Staatsfinanzen.“ Griechenlands Finanzminister Giannis Stournaras sagte ebenfalls gegenüber dem Handelsblatt, dass sein Land auch keinen weiteren Schuldenschnitt brauchen werde.
Weidmann, seit 2011 an der Spitze der Bundesbank und Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), warnte zudem vor der Annahme, dieSchuldenkrise sei vorbei. Zwar habe die Versicherung von EZB-Präsident Mario Draghi, die Zentralbank werde alles Notwendige zur Rettung des Euros tun, für eine Beruhigung an den Finanzmärkten gesorgt. Doch diese Ruhe sei „trügerisch“ gewesen und die Debatte über neue Hilfen für Athen zeige, „dass die Krise nicht vorbei und zu ihrer Überwindung noch viel zu tun ist“, sagte Weidmann. „Das schnelle Ende der Krise zu beschwören ist sachlich falsch und schwächt die Reformbemühungen.“

Fragen und Antworten zur Bankenunion

Mit Blick auf den laufenden Aufbau der Bankenaufsicht der EZB spricht sich Weidmann für die Abwicklung von Instituten aus, die kein tragfähiges Geschäftsmodell haben und die keine privaten Investoren zur Aufbesserung ihrer Kapitalpolster finden. „Banken ohne tragfähiges Geschäftsmodell sollten nicht mit öffentlichem Geld am Leben gehalten werden“, sagte Weidmann.
Die EZB beginnt demnächst mit einer Buchprüfung bei den Instituten, der sich Stresstests anschließen. Es wird erwartet, dass einige Banken danach neuen Kapitalbedarf haben werden. Vor der Abwicklung einer Bank müsse allerdings geprüft werden, ob dies ohne Gefährdung der Finanzstabilität des Euro-Raums möglich sei, sagte Weidmann.
Griechenland braucht nach Aussage von Finanzminister Giannis Stournaras keinen weiteren Schuldenschnitt. „Wir können unsere Schuldenlast auch auf anderen Wegen verringern“, sagte Stournaras in einem Interview mit dem Handelsblatt (ebenfalls Montagausgabe). Denkbar seien niedrigere Zinsen und längere Tilgungsfristen für die bereits gewährten Hilfskredite. Als weitere Möglichkeit nannte Stournaras, die Banken-Rekapitalisierung rückwirkend auf den Rettungsfonds ESM zu verlagern. Damit würden die für die Banken bereitgestellten 50 Milliarden Euro nicht auf die Staatsschulden angerechnet.
Stournaras bestätigte gegenüber dem Handelsblatt, dass sein Land in den Jahren 2014/15 eine Finanzlücke von rund zehn Milliarden Euro habe. Ein drittes Hilfspaket, wie es Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jetzt andeutete, sei deshalb aber nicht zwingend erforderlich. Griechenland könne die Lücke auch mit Mitteln des bisherigen Rettungspakets schließen.

Was das neue Griechenland-Hilfspaket kostet

Außerdem will Stournaras bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 den Finanzmarkt mit einer neuen Bond-Emission testen. Der Finanzminister räumte zwar ein, dass die aktuelle Rendite der griechischen Zehnjahresanleihe von fast zehn Prozent noch viel zu hoch sei, um an den Markt zu gehen: „Natürlich ist es unmöglich, zu diesen Konditionen Geld aufzunehmen“, sagte Stournaras, „aber die Renditen werden fallen.“
Der Minister kündigte ein scharfes Vorgehen gegen Steuersünder an. Leider betrachteten viele Griechen die Steuerhinterziehung als eine Art Volkssport. Diese Mentalität will Stournaras mit harten Strafen bekämpfen. Unter der gegenwärtigen Regierung seien bereits mehr als 600 Steuerhinterzieher ins Gefängnis geschickt worden: „Das ist zwar nicht schön, aber wir mussten es machen“, sagte der Minister.
SPD-Chef Sigmar Gabriel verlangt, dass zur Rettung Griechenlands zuerst die reichen Griechen mehr als bisher beitragen müssen. „Ich glaube, dass Griechenland vom Nachkriegs-Deutschland lernen kann: Der deutsche Lastenausgleich hat denen, die im Krieg nicht alles verloren haben, einiges abverlangt, um das Land wieder aufzubauen“, sagte Gabriel dem Handelsblatt.
Das System habe funktioniert, weil die Menschen den Eindruck gehabt hätten, dass der Lastenausgleich fair war. „Gegenwärtig werden in Griechenland vor allem die zur Kasse gebeten, die für den Zustand ihres Landes am allerwenigsten können: Geringverdiener, kleine Selbstständige und Rentner“, sagte der SPD-Chef.

HANDELSBLATT DOSSIER ZUM DOWNLOADDas Machtwort

Seine Kritik an Staatsanleihekäufen macht Bundesbank-Chef Weidmann zur Stimme der geldpolitischen Vernunft. Im Handelsblatt lehnt er einen neuen Schuldenschnitt für Athen kategorisch ab – auch wenn der IWF anderes plant.
Handelsblatt Dossier zum Download: Das Machtwort
Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten diejenigen Westdeutschen, die ein erhebliches Vermögen behalten hatten, eine Abgabe von 50 Prozent nach dem Wert vom 21. Juni 1948 leisten. Die Zahlung wurde auf 30 Jahre verteilt und traf vor allem Immobilienvermögen.
Von diesem Geld profitierten damals vor allem die Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Millionen Deutschen aus Schlesien, Pommern oder Ostpreußen wurde damit die Integration in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg erleichtert.
Zurück

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen