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Mittwoch, 21. August 2013

Wie die Griechen an neue Milliarden kommen // zweiter Schuldenschnitt auch bei privaten ?

EURO-KRISEWie die Griechen an neue Milliarden kommen

Griechenland braucht mehr Geld, um über die Runden zu kommen. Ab 2014 tut sich in Athens Finanzplan eine neue Lücke auf. Um sie zu stopfen gibt es verschiedene Optionen. Überall gilt: Die Rechnung trägt der Steuerzahler.
Griechenland braucht ab 2014 mehr Geld. Quelle: Getty Images
Griechenland braucht ab 2014 mehr Geld.Quelle: Getty Images
DüsseldorfWolfgang Schäuble hat ausgesprochen, womit viele erst nach der Wahl gerechnet haben. „Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen“, sagte der deutsche Finanzminister auf einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Hamburg. Vor ihm hatte bereits der Internationale Währungsfonds (IWF) klar gemacht, dass die beschlossenen Hilfen für Griechenland nicht ausreichen.
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Der IWF gehört mit der EU und der EZB zur Troika der Griechenland-Gläubiger. In ihrem aktuellen Griechenland-Bericht geht die Troika für den Zeitraum von Frühjahr bis Ende 2014 von einer Finanzierungslücke von 10,7 Milliarden Euro aus. Außerdem läuft Ende 2014 das zweite Hilfspaket für Griechenland aus. Nach der ursprünglichen Planung sollten sich die Griechen bis dahin selbst am Markt finanzieren können. Doch danach sieht es nicht aus. „Bislang ist nicht absehbar, dass sich Griechenland wieder am Markt finanzieren kann“, sagt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Deshalb müssten die Euro-Länder eine Lösung für 2014 und die Zeit danach finden.

Krisenländer im Check

  • Portugal
    - LICHT: Das Land steckt in der tiefsten Rezession seit den 1970er Jahren. Doch der Abwärtsstrudel verliert an Stärke: Die Arbeitslosenquote sank im Mai und im Juni, das Geschäftsklima hellte sich sieben Monate in Folge auf. Die gesamte Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal überraschend um 1,1 Prozent, es war das erste Plus seit rund zweieinhalb Jahren.

    - SCHATTEN: Die jüngste Regierungskreise hat Investoren verunsichert und Zweifel geschürt, dass sich Portugal ab Mitte 2014 wieder vollständig über den Finanzmarkt finanzieren kann. Nur ein Rettungspaket über 78 Milliarden Euro bewahrte das Land vor der Staatspleite.
  • Zypern
  • Irland
  • Frankreich
  • Italien
  • Spanien
  • Griechenland
Nach den Planungen der Troika soll Griechenland ab 2014 einen Primärüberschuss erzielen. Das bedeutet: Die Einnahmen sollen größer sein als die Ausgaben vor Abzug der Zinsen. Doch selbst wenn die Griechen das schaffen, brauchen sie Hilfen, um Zins und Tilgung für ihre alten Kredite zu leisten. Das Geld, was sie hierfür bekommen, fließt aber nicht nach Athen, sondern bleibt bei den Gläubigern.
Das Volumen eines dritten Programms wird wahrscheinlich deutlich kleiner als das der vorherigen Hilfspakete. Aus dem ersten Hilfspaket wurden 73 Milliarden Euro ausgezahlt, das zweite hat ein Volumen von 163,7 Milliarden Euro. Wie groß die Lücke ab 2014 ausfällt, lässt sich nicht genau beziffern. Dies hängt vor allem von der Entwicklung der Wirtschaft ab.
Die grobe Rechnung geht so: In diesem Jahr braucht Griechenland vermutlich nicht ganz so viel Geld, wie die Gläubiger überweisen. Die Griechen können vermutlich einige Milliarden ins nächste Jahr verschieben. 2014 dann tut sich eine Lücke von 10,7 Milliarden Euro auf. Dies liegt unter anderem daran, dass einige Notenbanken der Euro-Länder nicht auf Zinsen für von ihnen gehaltene griechische Staatsanleihen verzichteten.
Unterm Strich bleibt bis Ende 2014 ein Loch von weniger als 10 Milliarden Euro. Um dieses Geld aufzubringen werden verschiedene Optionen diskutiert.
Die radikalste Variante wäre ein Schuldenschnitt. Im Moment liegt Griechenlands Verschuldung bei etwa 175 Prozent der Wirtschaftsleistung – und damit deutlich über dem Niveau, das als auf Dauer tragbar gilt. Das ist vor allem für den Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Problem. Er darf laut Statuten Ländern nur Geld leihen, wenn klar ist, dass sie ihre Schulden zurückzuzahlen können. Im Falle von Griechenland wird das schwierig.
Deshalb könnte sich der IWF aus dem Hilfsprogramm für Griechenland zurückziehen, wenn die Schuldenlast nicht drastischer gesenkt wird. Nach den bisherigen Planungen soll sie bis 2020 auf 124 Prozent seiner Wirtschaftsleistung fallen.

DEUTSCHLANDDUELLÜber das Wohl und Wehe in der Euro-Frage

Muss Griechenland im Euro gehalten werden? Brauchen wir den Euro überhaupt noch? Darüber streiten beim DeutschlandDuell AfD-Chef Lucke und CDU-Finanzexperte Brinkhaus. Einmischen können sich auch unsere Leser.
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Mit einem Schuldenschnitt ließe sich dieses Problem beheben. Die Frage ist allerdings, wie hoch der Preis dafür wäre. Der letzte Schuldenschnitt hatte bereits für erhebliche Unruhe an den Märkten gesorgt. Vor allem private Gläubiger mussten damals Verluste hinnehmen.
Diesmal liegt der Großteil der griechischen Verbindlichkeiten in den Händen öffentlicher Gläubiger. Ein Schuldenschnitt würde deshalb auch den Bundeshaushalt belasten. Andererseits könnte ein solcher Schritt Griechenland den Weg zurück an die Märkte ebnen.

„Derzeit besteht für private Gläubiger die Unsicherheit eines möglichen Schuldenschnitts. Sie müssen dabei befürchten, gegenüber öffentlichen Gläubigern benachteiligt zu werden“, sagt Commerzbank-Ökonom Weil. 80 Prozent der griechischen Schulden lägen in den Händen öffentlicher Gläubiger. „Das schreckt ab. Wenn Griechenland an den Kapitalmarkt zurück will, muss es vorher einen Schuldenschnitt geben, um die Unsicherheit zu beseitigen.“ Dennoch sagt Weil: „Ich erwarte keinen Schuldenschnitt.“
Stattdessen rechnet der Commerzbank-Ökonom damit, dass die EU einspringen wird, um Griechenlands Finanzlücke zu schließen. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am Dienstag über Pläne berichtet, ein drittes Hilfsprogramm zumindest teilweise über den EU-Haushalt zu finanzieren. Es werde diskutiert, Athen zusätzliche Mittel aus den EU-Strukturfonds zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld könnten die Griechen die Wirtschaft ankurbeln, gleichzeitig würden nationale Haushaltsmittel für die Schuldentilgung frei.

So arbeitet die Troika

  • Regelmäßige Überprüfung
    Die Troika ist eine Gruppe von Experten der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Seit dem Start des ersten Griechenland-Rettungspakets im Frühjahr 2010 überprüft sie alle drei Monate, ob Athen die Spar- und Reformauflagen erfüllt. Die einzelnen Tranchen der Notkredite geben die Eurozone und der IWF nur frei, wenn ihre Fachleute den griechischen Behörden vorher ein ausreichendes Zeugnis ausstellen und die Schuldentragfähigkeit als gesichert beurteilen.
  • Enge Zusammenarbeit
  • Kein Geld ohne Zustimmung
  • Nicht nur in Griechenland
  • Die Taskforce
Das dritte Programm werde vom Umfang her deutlich kleiner ausfallen als die beiden ersten, berichtet das Blatt weiter. Zudem sollten die Reformauflagen weit weniger streng sein, weil Griechenland einen erheblichen Teil der nötigen Veränderungen bereits eingeleitet habe. Es gehe darum, die Rückkehr des Landes an die Kapitalmärkte möglichst "sanft" zu gestalten.
Bislang hat Bundesfinanzminister Schäuble vor allem gesagt, was er nicht will: einen Schuldenschnitt. Aufgeschlossener ist er dagegen, wenn es um den Zinssatz für die Hilfskredite geht. Experten glauben jedoch nicht, dass sich Griechenlands Finanzlücke damit schließen lässt. „Bei den Zinsen gibt es wenig Spielraum nach unten. Für ihre bilateralen Hilfskredite bekommen die anderen Euro-Länder derzeit nur etwa 0,75 Prozent Zinsen“, sagt Christoph Weil.
Die Kredite der Euro-Länder an Griechenland werden mit dem 3-Monatsatz und einem Aufschlag von 50 Basispunkten verzinst. Niedriger geht es kaum noch. Theoretisch gäbe es die Möglichkeit, dass andere Gläubiger auf einen Teil der ihnen zustehenden Zinsen verzichten. Die EZB bekommt beispielsweise für die griechischen Staatsanleihen, die sie hält, den vollen Zinssatz. Allerdings hat sie auch sehr klar gemacht, dass sie darauf nicht verzichten wird. Aus Sicht der EZB wäre dies ansonsten monetäre Staatsfinanzierung – und diese ist der Notenbank laut Mandat verboten.

Indirekt fließen die EZB-Gewinne aus den Zinsen für die Griechenland-Anleihen auch jetzt schon zurück nach Athen. Die EZB schüttet die Zinsgewinne aus ihren Griechenland-Anleihen an die Mitgliedsländer aus – und diese reichen das Geld an Athen weiter. Weitere Zugeständnisse der EZB sind sehr unwahrscheinlich.
Diskutiert wird auch über eine Verlängerung der Kredite an Griechenland. Dieser Vorschlag gilt jedoch ebenfalls als wenig effektiv. „Mit einer Laufzeitverlängerung ist kurzfristig nicht viel zu holen“, sagt Commerzbank-Ökonom Weil. Die wichtigsten Gläubiger hätten ohnehin schon ihre Kredite verlängert.

Bereits beim Schuldenschnitt im vergangenen Jahr wurden die meisten Kredite auf eine Laufzeit von 20 bis 30 Jahren verlängert. Ausnahme sind wiederrum die Kredite des IWF und die Anleihen, die die EZB hält. Hier sind Anpassungen unwahrscheinlich.
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