BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 288/12 Verkündet am:
4. Juni 2013
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 826 (A, B)
Auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für
den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers kann im Rahmen des Anspruchstatbestandes des § 826 BGB auch dann nicht verzichtet werden, wenn
eine Kapitalmarktinformation extrem unseriös ist. Eine "generelle" - unabhängig
von der Kenntnis des potentiellen Anlegers postulierte - Kausalität einer falschen Werbeaussage ist unter Schutznormaspekten unvertretbar.
BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=ad7dd1b1852e273a754acf3c2d1771de&nr=64557&pos=0&anz=1
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte, eine Aktiengesellschaft nach türkischem Recht, deliktische Schadensersatzansprüche wegen des Erwerbs von
Anteilen an der Beklagten und an der Kombassan Holding S.A. 1929 mit Sitz in
Luxemburg (künftig: Kombassan Luxemburg) geltend.
Die Beklagte ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, die mit
Tochter- und Schwestergesellschaften ihren Sitz in Konya/Türkei hat. Sie verkaufte ab dem Jahr 1990 in Deutschland an Teile der türkisch-stämmigen Be-
völkerung Firmenanteile, wobei sie weitgehend aufgrund von Mund-zu-MundPropaganda damit warb, dass es sich um eine mit islamischen Glaubensgrundsätzen konforme Alternative zu herkömmlichen, verzinslichen Geldanlagen
handle. Der frühere Beklagte zu 2, der ehemalige Vorstandsvorsitzende B., der
auch als Vorstandsvorsitzender der Kombassan Luxemburg und der Kombassan Holding A.S. auftrat, instruierte in Schulungen die Vermittler, die Anleger werben und den Verkauf der Anteile der Beklagten in Deutschland abwickeln sollten; die Interessenten sollten darüber informiert werden, dass die Teilhaberschaft an der Beklagten jederzeit mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden könne, die Anteile dann zurückgenommen und der Anlagebetrag
erstattet würden. In dringenden Fällen erfolge die Rückabwicklung sofort. Diese
Information enthält auch ein vor dem 1. Januar 1994 verfasstes Rundschreiben
in Form eines Geschäftsberichts des Vorstandsvorsitzenden B. an die Anteilseigner der Beklagten. Bis in das Jahr 2001 wurden Anteilskäufe auf Verlangen
der Teilhaber von der Beklagten rückabgewickelt. Die Anteile wurden an andere
Interessenten weiterverkauft oder von Tochterunternehmen der Beklagten
übernommen. Dann stellte die Beklagte die Zahlung von Ausschüttungen und
die Rückzahlung angelegter Gelder ein. Die Kombassan Luxemburg meldete im
Jahr 2007 Insolvenz an.
Die Klägerin erwarb in den Jahren 2000/2001 Anteilsscheine an der Beklagten und an der Kombassan Luxemburg. Sie sieht sich durch das der Beklagten zuzurechnende Verhalten des früheren Beklagten zu 2 darüber getäuscht, dass es sich um eine sichere Geldanlage in der Art eines Darlehens
oder einer Anleihe mit einer Garantie für die Rückforderung des Kapitals handle. Die Klägerin verlangt so gestellt zu werden, als hätte sie die Kapitalanlagen
nicht getätigt.
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