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Mittwoch, 17. April 2013

201 Durchsuchungen nach Kauf von Steuer-CD


Steuerhinterziehung201 Durchsuchungen nach Kauf von Steuer-CD

 ·  Rund 500 Millionen Euro Steueraufkommen bundesweit erwartet der rheinland-pfälzische Finanzminister durch die Daten auf der erworbenen CD. Es könnte der bisher wertvollste Datenträger dieser Art sein.
Nach dem Kauf einer weiteren„Steuerdaten-CD“ durch das Land Rheinland-Pfalz haben Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft am Dienstag in ganz Deutschland zugeschlagen. Auf Antrag der federführenden Staatsanwaltschaft Koblenz durchsuchten Beamte der Steuerfahndung 201 Wohnungen. Nach Angaben des Finanzministeriums handelt es sich um etwa 40.000 Datensätze, die von den Behörden für 4,41 Millionen Euro bei einem unbekannten Anbieter gekauft wurden.
„Wir erwarten aus den vorliegenden Informationen ein steuerliches Aufkommen in Höhe von rund 500 Millionen Euro bundesweit“, sagte Finanzminister Carsten Kühl (SPD). Seine Steuerfachleute rechneten damit, dass das Land den bisher werthaltigsten Datenträger dieser Art erworben habe.
Das Land hatte über mehrere Monate den Gehalt der CD mit den Daten von mehreren tausend deutschen Kunden Schweizer Banken geprüft und mit dem Anbieter über den Kaufpreis verhandelt. Im November 2012 sei die Entscheidung zum Kauf der CD gefallen, den Datenträger habe man im Februar erworben. Das Bundesfinanzministerium war über den Kauf informiert und hatte nach Kühls Angaben wie auch das Bundeszentralamt für Steuern keine Einwände. An dem Erwerb der CD unter der Leitung von Rheinland-Pfalz sollen sich unter anderen Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg beteiligen. Von dem erwarteten Steuerertrag erhält der Bund nach dem üblichen Verteilungsschlüssel die Hälfte, also vermutlich rund 250 Millionen Euro.

Verdacht auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung

Die Staatsanwaltschaft Koblenz teilte mit, dass sie gegen unbekannte Mitarbeiter der schweizerischen Kreditinstitute Credit Suisse AG, der ehemaligen Clariden Leu AG sowie der Neue Aargauer Bank ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet hat. Die Auswertung der vorliegenden Daten über deutsche Kapitalanleger, die mit diesen Banken im geschäftlichen Verkehr stünden, habe bisher zur Einleitung von 201 Ermittlungsverfahren geführt. Die Auswertung der in den Wohnräumen der Beschuldigten sichergestellten Beweismittel werde einige Zeit dauern.
Finanzminister Kühl sagte, die erworbenen Informationen seien „authentisch und von einer ausgezeichneten Qualität“. Die erwartete Mehreinnahme sei ein Beleg für die hohe kriminelle Energie, mit der Kapitalerträge hinterzogen worden seien. Steuergerechtigkeit sei unverzichtbar. Bei ihren Ermittlungen müssten die Behörden jeden Weg gehen, der nach sorgfältiger Abwägung rechtsstaatlich gangbar ist. „Dazu gehört auch der Ankauf von Steuer-CDs. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.“ Kühl wies darauf hin, dass Selbstanzeigen bei den Finanzämtern auch jetzt noch möglich seien, um hohe Strafen wegen Steuerhinterziehung zu vermeiden. „Tätige Reue ist immer besser als sich dumm zu stellen.“

Finanzministerium: Ankauf „im vorliegenden Fall vertretbar“

Immer wieder haben Steuer-CD’s in den vergangenen Jahren für Razzien und Selbstanzeigen gesorgt. Der Bund beteiligte sich mehrmals an dem Kauf von CD´s. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte das Problem der Steuerhinterziehung im Schutz des Schweizer Bankgeheimnisses mit einem Abkommen aus der Welt schaffen. Sein mit der Regierung in Bern ausgehandelte Vertrag sah vor, unversteuertes Vermögen bei Schweizer Banken pauschal und anonym nachträglich zu versteuern. Künftige Erträge sollten so belastet werden, als wenn das Geld im Inland angelegt wäre.
Schäuble wollte flächendeckenden Steuervollzug nicht von der Zusammenarbeit mit Datendieben abhängig machen. Nach Ansicht von SPD und Grüne wären mit dem Abkommen Steuerbetrüger zu billig davongekommen. Sie stoppten das Abkommen mit ihrer Mehrheit im Bundesrat. Ein Sprecher des Finanzministeriums nannte den Ankauf der CD „im vorliegenden Fall vertretbar“. Die Situation „hinsichtlich der Durchsetzung der deutschen Steueransprüche in der Schweiz ist unverändert und weiterhin unbefriedigend“. Ein Sprecher der Bank Credit Suisse wies den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung indirekt zurück: „Wir weisen deutsche Kunden seit längerer Zeit darauf hin, dass sie ihre Situation individuell überprüfen und falls nötig bereinigen sollen. Wenn das nicht passiert, werden wir uns von diesen Kunden im Verlaufe des Jahres trennen.“

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