BankenrettungAn die Sparer
13.04.2013 · Es ist möglich und richtig, die Sparer an der Rettung ihrer Bank zu beteiligen. Das sollte Usus werden.
Von LISA NIENHAUS
Wirtschaftswissenschaftler haben einen entscheidenden Nachteil gegenüber Biologen, Medizinern oder Chemikern. Sie haben zwar genauso viele gute Ideen und eine Menge Theorien, aber sie haben kein Labor, um sie in großem Stil zu testen (und gegebenenfalls zu verwerfen). In den wenigen Laboren, die Ökonomen verwenden, kann man nur Kleinstversuche machen, nicht simulieren, was etwa passiert, wenn man eine Bank pleitegehen lässt, und wie und ob man sie am besten rettet. Für die großen Fragen ist die Wirklichkeit das Labor.
Und da ist es ratsam, dass man bei Experimenten mit explosivem Material möglichst ein abgegrenztes Feld auswählt. Gefunden haben die Politiker das dieser Tage in Zypern, einer Insel, schon geographisch klein, auch wirtschaftlich nicht gerade bedeutend und mit Banken in höchster Not. Hier kann man doch mal etwas ausprobieren, ohne dass gleich das Finanzsystem der Welt zusammenbricht. So dachte man wohl und hat bei der Rettung der Banken und der Staatsfinanzen erstmals verwirklicht, was Ökonomen aller Art gerne fordern: Wenn eine Bank in Schieflage gerät, lasst nicht nur den Steuerzahler einspringen. Beteiligt die Gläubiger!
Wer Geld aufs Bankkonto legt, gibt Kredit
In Zypern bedeutet das: Nicht nur der Euro-Rettungsfonds und der Internationale Währungsfonds, also die Steuerzahler, helfen dem Land und seinen Geldhäusern, sondern auch die Gläubiger der wankenden Banken, gezwungenermaßen. Dazu gehören - und das ist brandneu - auch die Sparer, die dort mehr als 100.000 Euro auf dem Konto haben.
Und weil die Gläubigerbeteiligung im Insel-Labor bislang bestens funktioniert, soll sie nach dem Willen der Europäischen Kommission jetzt sogar für künftige Rettungen Standard werden. Erst sollen Aktionäre und Anleiheinhaber der Banken zur Kasse gebeten werden, dann Sparer - und dann erst der europäische Rettungsfonds.
Das ist logisch und richtig: Wer jemandem Geld leiht, der muss damit rechnen, dass dieses Geld weg ist, wenn der andere pleitegeht. Erst dann lässt er die nötige Vorsicht walten. Das gilt für jeden Kredit. Auch für den, den man seiner Bank gibt. Viele Menschen erkennen erst durch Zypern: Wer sein Geld auf ein Konto bei einer Bank legt, tut nichts anderes, als ihr Kredit zu geben. Er ist Gläubiger und damit ab jetzt potentiell gefährdet, wenn die Hausbank pleitegeht.
In Zypern gab es keinen Massenansturm auf die Banken
Bislang sprachen die Fakten eher dafür, sich keine Gedanken darüber zu machen, bei welcher Bank man sein Konto hat. Politiker wie Angela Merkel oder Peer Steinbrück betonten zwar immer wieder, dass auch Gläubiger haften sollten. Passiert ist aber zuletzt das Gegenteil davon. Vor allem mitten in der Finanzkrise sorgte man sich dermaßen um „Ansteckungseffekte“ und „Bank Runs“, dass die Gläubiger vollkommen unbehelligt blieben, erst recht die Sparer unter ihnen, die schließlich auch Wähler sind. Weder bei der IKB noch bei der Commerzbank mussten sie ran. Zu sehr fürchtete man, eine Finanzpanik wie nach der Lehman-Pleite hervorzurufen. Die gehört nach Meinung vieler Ökonomen in die Kategorie: Experiment gescheitert.
Der Fall Zypern zeigt jetzt deutlich: Es kommt darauf an, wie man es macht, wenn man Gläubiger beteiligt. Bislang gab es in Zypern weder einen Massenansturm auf die Banken, noch sind Anleger verstört aus dem gesamten Euroraum geflohen. Das ist ein Glück, denn nur wer die Gläubiger zur Verantwortung zieht, kann hoffen, dass sie sich beim nächsten Mal genauer überlegen, wem sie ihr Geld geben oder wo sie ihr Konto eröffnen. Jetzt gibt es nur noch eine Frage: Kann das auch in größeren Ländern funktionieren? Hoffen wir, dass uns dieses Experiment erspart bleibt.
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