Research Alert Verschiedene Anlagekategorien
Ist Zypern ein Sonderfall?
- Während weitere Abschläge (Haircuts) bei Staatsanleihen und möglicherweise sogar bei hohen Bankeinlagen in schwachen Peripherieländern nicht auszuschliessen sind, erwarten wir weiterhin eine starke Unterstützung des Euro durch die EZB, sodass solche Ereignisse nur in spezifischen Fällen eintreten und keine systemische Bedeutung erhalten dürften.
- Das Risiko, dass ein Rettungspaket erforderlich wird, ist für Slowenien am grössten. Allerdings fallen die Staatsverschuldung und die Grösse des Banksystems im Vergleich zum BIP geringer aus, weshalb die Wahrscheinlichkeit einer Einbeziehung nicht versicherter Einlagen (Bail-in) geringer erscheint.
- Luxemburg und Malta verfügen unseres Erachtens angesichts der besseren Aktivaqualität ihrer Banksysteme, höherer Kapitalquoten und strengerer Regulierungen über einen ausreichenden Puffer, um mögliche negative Entwicklungen zu bewältigen.
Zypern erhält ein Rettungspaket (Absichtserklärung)
Die Finanzminister der Eurozone haben auf dem Eurogruppentreffen am 12. April 2013 das Rettungspaket für Zypern bewilligt. Dem Entwurf der Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, MoU) und Dokumenten des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zufolge werden die Gesamtkosten des Programms auf EUR 23 Mrd. geschätzt, wovon Zypern EUR 13 Mrd. selbst übernehmen wird. Die verbleibenden EUR 10 Mrd. werden durch den ESM (EUR 9 Mrd.) und den Internationalen Währungsfonds (IWF, EUR 1 Mrd.) getragen. EUR 2.5 Mrd. aus dem Rettungspaket sind nach der Restrukturierung des zypriotischen Banksystems für die Bankenrekapitalisierung vorgesehen. Mit den übrigen Mitteln sollen bis Ende März 2016 Anleihefälligkeiten bedient und das Staatsdefizit finanziert werden. Eine erste Auszahlung von Hilfsmitteln an Zypern soll vor Ende Mai erfolgen (EUR 2 Mrd.), und eine zweite Zahlung ist vor Ende Juni (EUR 1 Mrd.) geplant, um den unmittelbare! n Finanzierungsbedarf des Landes zu stillen.
Gravierende makroökonomische Folgen für Zypern wahrscheinlich
Gemäss der vorläufigen Einschätzung der Schuldentragfähigkeit Zyperns vom 9. April 2013 wird die Staatsverschuldung von 86.5% des BIP im Jahr 2012 auf 109% bzw. 126% für 2013 und 2015 steigen. Diese Zunahme basiert hauptsächlich auf einem erwarteten starken BIP-Rückgang (–8.7% bzw. –3.9% für 2013 und 2014) sowie auf den neuen ESM-Krediten für das Land. Wie sich am Beispiel von Griechenland und Portugal gezeigt hat, fallen die ersten Schätzungen zu den makroökonomischen Kennziffern nach der Einführung eines Hilfsprogramms oftmals zu optimistisch aus. Angesichts der Einführung von Kapitalkontrollen, der negativen Auswirkungen auf das inländische Geschäftsklima und der erforderlichen deutlichen Bilanzverkleinerung im Banksektor ist die zypriotische BIP-Schätzung offensichtlich mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.
Gründe für das zypriotische Hilfegesuch
Zypern beantragte bereits am 25. Juni 2012 ESM/IWF-Hilfen und nannte als Begründung Probleme im Banksektor und makroökonomische Ungleichgewichte. So war das Haushaltsdefizit im Zuge der globalen Finanzkrise deutlich gewachsen (durchschnittlich 5.8% des BIP seit 2009), sodass das Verhältnis von Verschuldung und BIP stark gestiegen ist (von 48.9% des BIP 2008 auf 86.5% im Jahr 2012). Zudem trugen einige Besonderheiten des Banksektors zu seiner Instabilität bei:
- Die schwache Aktivaqualität – ein hoher Anteil von Problemkrediten an den Bausektor nach dem Ende des Wohnimmobilienbooms, ein signifikantes Engagement in griechischen Staatsanleihen, die infolge der Restrukturierung massive Einbussen erlitten, und ein Exposure zu Griechenland über Kredite (die beiden letzten Faktoren belaufen sich laut IWF-Schätzung vom November 2011 auf insgesamt EUR 29 Mrd.).
- Das generell hohe Bilanzniveau des Banksektors im Vergleich zum BIP (vgl. Abb. 2 und 3).
- Die starke Abhängigkeit von einer Refinanzierung über Einlagen, insbesondere aus dem Ausland. Es gab nur sehr begrenzte ausstehende Bankanleihen, welche die Verluste absorbieren könnten (vgl. Abb. 2).
Bei den Verhandlungen Anfang 2013 wurde die Finanzlage des zypriotischen Staates für zu schwach befunden, um ein Rettungspaket ohne eine Beteiligung des privaten Sektors, die über die Inanspruchnahme der Eigentümer von Bankanleihen hinausgeht, zu erlauben. Vor allem der IWF wies nachdrücklich darauf hin, dass er sich nicht an einer Rettung beteiligen würde, welche die Staatsverschuldung auf ein nicht nachhaltiges Niveau ansteigen lässt. Als Folge wurden nicht versicherte Einlagen einbezogen.
Slowenien könnte als nächstes Land in der Eurozone um Hilfe ersuchen
Der IWF wies bereits in seinem Länderbericht von 2012 auf die Risiken für den slowenischen Banksektor hin. Der IWF äusserte Zweifel an der Aktivaqualität nach einem Bauboom in Verbindung mit Refinanzierungsrisiken für die Banken, da sie bei der Refinanzierung stark von Einlagen abhängig sind. Zudem befindet sich ein Grossteil des Banksektors in staatlicher Hand, was den Einlegern nach der Diskussion um Zypern Sorgen bereiten könnte. Die Finanzinstitute wiesen zusammen mit ihren Ergebnissen für 2011 und 2012 einen massiven Anstieg der Risikokosten aus, wodurch sich die Profitabilität auf ein Minimum beschränkte.
- Das slowenische Banksystem steht zu ca. 50% unter staatlicher Kontrolle und hängt für die Refinanzierung stark von Einlagen ab. In Anbetracht der Entwicklung in Zypern könnten die Anleger ihre Einlagen abziehen, sodass die Banken stärker auf EZB-Finanzmittel angewiesen wären.
- Der IWF kritisierte insbesondere die schwache Governance der staatlichen Banken (ca. 50% des Sektors) sowie die unzureichende Vorbereitung auf eine Krise.
- Etwa 30% des Banksektors entfallen auf ausländische Banken (Raiffeisen International: Slowenien-Exposure entspricht 1.2% der ausstehenden Darlehen; Erste Bank: Slowenien-Exposure entspricht 0.9% der ausstehenden Darlehen – beides scheint angesichts der begrenzten Engagements zu bewältigen).
Geringere Risiken für Luxemburg und Malta
Luxemburg verfügt mit Abstand über den grössten Banksektor gemessen am BIP. Das sehr hohe Verhältnis von Bankaktiva zu BIP von 22 stellt zwar eine Schwäche dar, doch die Einleger bleiben zuversichtlich. Nach IWF-Schätzungen entfallen rund 40% der Aktiva auf reines Liquiditätsmanagement durch die Tochtergesellschaften und Niederlassungen ausländischer Banken in Luxemburg und weitere 50% auf Interbankenanlagen bei den Luxemburger Einheiten ausländischer Institute. Das Risiko starker Probleme bei der Aktivaqualität, welche die Erträge der Banken beeinträchtigen und die Einleger verunsichern könnten, erscheint begrenzt. Allerdings birgt die umfangreiche und rasch veränderliche Einlagenbasis aus dem Unternehmenssektor mögliche Risiken.
Die maltesischen Banken werden durch eine solide Kapital- und Liquiditätsituation gestützt. Das Verhältnis von Bankaktiva zu BIP könnte Risiken beinhalten, zumal bei der Refinanzierung eine stärkere Abhängigkeit von den Kapitalmärkten als von Einlagen (lediglich 40%) besteht. Die Aktivaqualität scheint künftig keine Herausforderung darzustellen.
Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken: Implementierung im Jahr 2015 erscheint zunehmend wahrscheinlich
Im Rahmen des Rettungspakets für Zypern werden in Europa erstmals Inhaber vorrangiger Anleihen sowie Einleger mit hohen (nicht versicherten) Sparguthaben in die Sanierung einbezogen. Obwohl der umgesetzte Bail-in aufgrund der spezifischen Eigenschaften des zypriotischen Bankensystems sowie seiner politischen Implikationen einzigartig ist, hat er die Anleger in Bezug auf die Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken (RRD) der EU argwöhnisch werden lassen. Die Ausgliederung von Vermögenswerten in eine gute/schlechte Bank ist ein Instrument, das ab 2015 Teil der RRD sein wird, die in einigen europäischen Ländern (Niederlande, Deutschland und Dänemark) bereits in Kraft ist. Wir erachten einen Bail-in von Einlegern zumindest in Bezug auf robustere Emittenten als ziemlich unwahrscheinliches und fallspezifisches Ereignis. Das Beispiel Zypern signalisiert aber dennoch, dass das Bail-in-Risiko für Inhaber vorrangi! ger Anleihen zunimmt. Dies ist in den Bonitätsratings vorrangiger Verbindlichkeiten noch nicht berücksichtigt, preisen diese doch nach wie vor eine staatliche Unterstützung ein. Die aktuelle Version der RRD sieht ab 2015 eine Lastenverteilung auf nachrangiger Ebene (Kernkapital Tier 1 und Tier 2) sowie ab 2018 eine solche auf vorrangiger Ebene vor. Damit soll den schwächeren Banken genügend Zeit eingeräumt werden, um ihre Kapitalpuffer für einen angemessenen Schutz von Inhabern vorrangiger Anleihen zu stärken. Allerdings könnten die jüngsten Ereignisse Druck für eine schnellere Umsetzung der RRD erzeugen.
Die Vereinbarung, die EZB im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) als Aufsichtsinstanz für Banken einzusetzen, markiert einen ersten Schritt in Richtung einer Bankenunion und ist eine Voraussetzung für eine direkte Rekapitalisierung von Banken durch den ESM. Das Ziel der Schaffung eines einheitlichen gesetzlichen Rahmens könnte in den einzelnen Ländern Europas eine beschleunigte Umsetzung von Bail-ins vorrangiger Anleihen bereits im Jahr 2015 zur Folge haben. Wir glauben nach wie vor, dass die Regulierungsbehörden die Verfassung gewisser Banken überprüfen werden, bevor sie die verschiedenen Stadien der RRD-Umsetzung einleiten. Dennoch üben die Aufsichtsinstanzen unseres Erachtens einen gewissen Druck auf die Finanzinstitute aus, damit diese die notwendigen Schritte unternehmen, um besser früher als später für die neuen Realitäten gewappnet zu sein. Der Vorschlag Mario Draghis von vergangener Woche, die Imple! mentierung des Bail-in-Instruments zusammen mit anderen Massnahmen bereits auf 2015 vorzuziehen, bestätigt den Trend zu einer rascheren Umsetzung der RRD. Zudem wies er auf die Notwendigkeit einer uneingeschränkten vorrangigen Behandlung von Einlegern hin, d. h. von Anlegern, die über versicherte und über nicht-versicherte Einlagen verfügen und gegenüber den Haltern von vorrangigen ungeschützten Anleihen bevorzugt werden sollen.
Anlagen: Fokus auf Qualität und starke Cashflows
Mit Blick auf Aktieninvestments favorisieren wir nach wie vor gut kapitalisierte Qualitätsunternehmen und lokale Champions. Ausserdem achten wir auf Ertragswachstum und positive Trends im Kreditzyklus. In Europa entsprechen insbesondere BNP Paribas und EFG International diesen Kriterien. Des Weiteren empfehlen wir Asset Manager, die, wie z.B. Aberdeen Asset Management, vom Trend zu Aktienanlagen profitierten oder denen angeschlagene Kreditmärkte und die Suche der Anleger nach positiven Realrenditen zugutekommen, wie z. B. Partners Group.
Am Fixed-Income-Markt raten wir den Anlegern insbesondere bei Investments in stark nachrangige Verbindlichkeiten (Tier–1-Titel) zu einer Konzentration auf die grössten, solideren, auf das Retail-Geschäft fokussierten und systemisch bedeutenden Banken, wie z.B. HSBC, UBS und SEB. Trotz der steigenden Risiken für Tier–2-Verbindlichkeiten aufgrund der möglichen Umsetzung der Abwicklungsmechanismen schon ab 2015 bietet diese Anlagekategorie unserer Meinung nach ein interessantes Risiko-Ertrags-Profil. Bei Emittenten wie Lloyds und Barclays ziehen wir endfällige Rückzahlungsstrukturen vor. Bei den vorrangigen Verbindlichkeiten verfügen unseres Erachtens Anleihen der grössten Peripheriebanken, wie etwa BBVA, Banco Santander, Intesa Sanpaolo und Unicredit über Wertschöpfungspotenzial.
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