BerlinDie Deutsche Bundesbank hat die Euro-Rettungspolitik scharf kritisiert. In einer vertraulichen Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht, die dem Handelsblatt (Freitagausgabe) vorliegt, lehnt die Notenbank vor allem mögliche Staatsanleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) vehement ab. Die Bundesbank kritisiert, dass „gezielt Anleihen schlechterer Bonität“ erworben würden, wodurch die Risiken stiegen. „Die Käufe können überdies die Unabhängigkeit der Zentralbanken belasten, die eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Erfüllung ihrer Hauptaufgabe – die Wahrung der Preisniveaustabilität – ist“, heißt es in dem 29-seitigen Papier. „Befindet sich die Geldpolitik erst einmal auf einem derartigen abschüssigen Kurs, ist eine Umkehr nur schwer und unter großen Kosten möglich.“
Das Bundesverfassungsgericht wird im Juni über die Klagen gegen den Euro-Rettungfonds ESM verhandeln. Es hat angekündigt, das EZB-Programm zum möglichen unbegrenzten Anleihenkauf (OMT) prüfen zu wollen. Die Bundesbank bezweifelt, dass es bei Anleihenkäufen durch die EZB wirklich zu strengen Reformauflagen für die Krisenländer kommen würde und verweist dabei auf Griechenland. „Diese Erfahrungen begründen auch Befürchtungen, dass der Umgang mit Konditionalität im Rahmen des OMT-Programms selbst in zweifelhaften Fällen nicht vor erheblichen Käufen – und damit Risikoumverteilungen durch die Bilanzen des Euro-Systems — schützen wird.“
Der Instrumentenkasten der EZB
Die EZB soll's richten
Wieder einmal blicken alle in der Euro-Schuldenkrise gebannt nach Frankfurt: die Europäische Zentralbank (EZB) soll es im schlimmsten Fall richten, mit ihrem Waffenarsenal intervenieren und so die Märkte beruhigen.Die Mittel der EZB
Liquiditätssalven für das Finanzsystem
Senkung des Leitzinses unter 0,75 Prozent
Absenken des Einlagezinssatzes auf Null
Weitere Langfrist-Refinanzierung der Banken
Weitere Erleichterungen für das Bankensystem
Erneuter Start der Staatsanleihenkäufe
Zusätzlicher Kauf anderer Wertpapiere
Weitere Reduzierung der Mindestreserveanforderung
Zudem zieht die Bundesbank die Begründung für die möglichen Anleihekäufe in Zweifel. Anders als die EZB sieht sie in den unterschiedlichen Kreditzinsen für Unternehmen in der Eurozone keine Begründung für Staatsanleihenkäufe. „Höhere Finanzierungskosten auch für den privaten Sektor können somit höhere nationale fiskalische Risiken widerspiegeln“, heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: „Dies wäre keine geldpolitisch zu bekämpfende Entwicklung, sondern die unmittelbare Folge der national eigenverantwortlichen Finanzpolitik.“
Nach Ansicht der Bundesbank ist es nicht Aufgabe der EZB, ein Ausscheiden eines Landes aus dem Euro zu verhindern. „Die derzeitige Zusammensetzung der Währungsunion kann aber angesichts weiterhin souveräner Nationalstaaten nicht garantiert werden – jedenfalls nicht von der Notenbank“, steht in der Stellungnahme. Ansonsten könne die Zentralbank zum Hauptfinanzierer von Euro-Staaten werden, warnt die Bundesbank. „Zum anderen bedeutet eine durch die konkrete Ausgestaltung und Begründung der Sekundärmarktkäufe zumindest im Raum stehende unbedingte Garantie des Fortbestehens der Euro-Zone in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung in letzter Konsequenz, dass auch eine vom Finanzmarkt unabhängige Finanzierung eines Landes erfolgen kann, um dessen weiteren Verbleib in der Währungsunion zu sichern.“
Deutliche Kritik übt die Bundesbank an der Zwischenfinanzierung von Griechenland durch so genannte Ela-Notkredite im vergangenen Jahr. „Die Liquiditätsbereitstellung des Euro-Systems zur Deckung des Finanzierungsbedarfs in Griechenland stellt sich in besonderem Maße als problematisch dar und verdeutlicht die Übernahme fiskalischer Aufgaben durch die Geldpolitik“, so die Bundesbank. Die EZB sei damit ein hohes Risiko eingegangen, schließlich sei ein Ausscheiden Athens aus dem Euro „keinesfalls zu jedem Zeitpunkt als unwahrscheinlich einzustufen“ gewesen.
EZB-Anleihe-Programm zur Lösung der Euro-Krise
Mehr Transparenz
Die EZB hatte im Mai 2010 nach einem Wochenende hektischer Rettungsaktionen der Euro-Staaten für Griechenland spontan ein Anleihekaufprogramm beschlossen. Die Konditionen des „Securities Market Programme (SMP)“ blieben weitgehend im Dunkeln. Die EZB gab lediglich im Nachhinein wöchentlich bekannt, welche Summen an Staatspapieren aus dem Markt genommen wurden, ohne dabei die Länder zu nennen. Zu beobachten war im Handel aber, dass die Zentralbank zunächst Griechenland und dann Irland und Portugal stützte, die unter den Rettungsschirm EFSF geschlüpft waren. Im Sommer 2011 folgten Spanien und Italien. Das Interventionsvolumen von SMP beläuft sich auf 209 Milliarden Euro.Verzicht auf Limits
Niedrige Zinsen kommen nicht beim Verbraucher an
Keine Hilfe ohne Spar- und Reformprogramm
EZB verzichtet auf Privilegien
Inflationsbremse bleibt angezogen
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