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Mittwoch, 19. Juni 2013

Abzug von Werbungskosten bei Abgeltungssteuer



Abzug von Werbungskosten bei Abgeltungssteuer

Mit der Einführung der Abgeltungssteuer ab dem Jahr 2009
wurde ein Werbungskostenabzugsverbot bei den Einkünften
aus Kapitalvermögen eingeführt. Statt dem Abzug der
tatsächlichen Werbungskosten kann nur noch der Sparer-
Pauschbetrag von 801 € bzw. von 1.602 € bei Zusammenveranlagung
abgezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn
die tatsächlichen Werbungskosten diese Beträge übersteigen.
Zwischenzeitlich gibt es einige interessante Entscheidungen
verschiedener Finanzgerichte zu dieser Thematik,
die das grundsätzliche Abzugsverbot von Werbungskosten
zumindest in Ausnahmefällen aufweichen.
In einem vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg verhandelten
Fall (Urteil vom 17.12.2012, Az. 9 K 1637/10)
hatte die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen einen
Treuhänder mit der Verwaltung ihres umfangreichen Vermögens
beauftragt. Die dadurch entstandenen Verwaltungsgebühren,
die erheblich über dem Sparer-Pauschbetrag
lagen, machte sie innerhalb ihrer Steuererklärung als
Werbungskosten geltend, was das Finanzamt ablehnte. Im
anschließenden Gerichtsverfahren gab das Finanzgericht
Baden-Württemberg der Klage statt. Es hält das absolute
Abzugsverbot in den Fällen für verfassungswidrig, in denen
der tarifliche Steuersatz bereits bei Berücksichtigung lediglich
des Sparer-Pauschbetrags unterhalb des Abgeltungssteuersatzes
von 25 % liegt.
Infolgedessen müsste nach Ansicht des Finanzgerichts
im Rahmen einer Günstigerprüfung eine Ermittlung der
Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Abzug der tatsächlich
angefallenen Werbungskosten vorgenommen werden.
Offen gelassen hat das Finanzgericht in seiner Urteilsbegründung,
ob es den Ausschluss des Werbungskostenabzugs
auch in den Fällen für verfassungswidrig hält, in denen
der tarifliche Steuersatz höher als der Abgeltungssteuersatz
von 25 % ist. Gegen das Urteil hat die Finanzverwaltung
Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. VIII R
13/13).
In einem vor dem Finanzgericht Köln verhandelten Fall
(Urteil vom 17.04.2013, Az. 7 K 244/12) hatte ein Steuerpflichtiger
den Abzug von Werbungskosten bei den Einkünften
aus Kapitalvermögen beantragt. Im Unterschied
zu dem vorgenannten Urteilsfall des Finanzgerichts Baden-
Württemberg handelte es sich um nachträgliche Werbungskosten,
betreffend die Jahre 2002 bis 2008. Diese waren
dem Kläger im Rahmen einer Selbstanzeige entstanden.
Auch hier gewährte das Finanzamt lediglich den Sparer-
Pauschbetrag.
Das Finanzgericht stellte in seinem Urteil fest, dass Aufwendungen
im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die
vor dem 1. Januar 2009 zugeflossen sind, weiterhin unbeschränkt
als nachträgliche Werbungskosten abgezogen
werden können. Die Abzugsbeschränkung komme nur für
Kapitalerträge zur Anwendung, die nach dem 31. Dezem

ber 2008 zugeflossen sind. Nach Auffassung des Finanzgerichts
sei für die Abziehbarkeit der Aufwendungen
als Werbungskosten nicht der Abfluss der betreffenden
Aufwendungen maßgeblich, sondern der Zeitpunkt des
Zuflusses der Kapitalerträge.
Nach Auffassung des Finanzgerichts kommen hier zwei
Besteuerungssysteme nebeneinander zur Anwendung,
nämlich die Neuregelung mit dem Sparer-Pauschbetrag
sowie die Altregelung mit den tatsächlichen Werbungskosten,
was nach Auffassung des Finanzgerichts dazu führt,
dass neben dem Abzug der nachträglichen Werbungskosten
auch der Abzug des Sparer-Pauschbetrags zuzulassen
ist. Gegen das Urteil hat das Finanzgericht Revision vor
dem Bundesfinanzhof zugelassen. Ob gegen das Urteil
Revision eingelegt wurde bzw. noch wird, ist bislang nicht
bekannt. Unter dem Aktenzeichen 8 K 1937/11 ist beim
Finanzgericht Köln derzeit ein weiteres Verfahren zu derselben
Problematik anhängig.
Zuvor hatten bereits das Finanzgericht Düsseldorf und
das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in Fällen, in denen der
Zufluss der Kapitalerträge vor dem Veranlagungszeitraum
2009 lag, den Abzug der damit zusammenhängenden Werbungskosten
zugelassen, auch soweit diese erst nach dem
31. Dezember 2008 abgeflossen sind. Gegen das Urteil des
Finanzgerichts Düsseldorf wurde Revision vor dem Bundesfinanzhof
eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VIII
R 53/12 geführt wird.
Praxistipp:
In allen Fällen, in denen Werbungskosten in Zusammenhang
mit Kapitalerträgen entstehen, empfiehlt
es sich, diese trotz des derzeit bestehenden Abzugsverbots
in der Steuererklärung anzugeben. Gegen
den anschließend ohne Werbungskosten erlassenen
Einkommensteuerbescheid kann Einspruch mit
gleichzeitigem Antrag auf Ruhen des Verfahrens
unter Bezugnahme auf eines der Revisionsverfahren
eingelegt werden. So ist gewährleistet, dass auch in
bereits veranlagten Fällen an einer ggf. günstigen
Gerichtsentscheidung des Bundesfinanzhofs oder
des Bundesverfassungsgerichts partizipiert werden
kann.

Impressum
Verantwortlich für den Inhalt: Achim Frank, Rechtsanwalt
Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Sitz: Eisenbahnstraße 19-23, 77855 Achern • Amtsgericht Mannheim HRB 220942
Geschäftsführer: Dr. Eberhard Braun

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