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Dienstag, 25. Juni 2013

Die Anglo Irish Bank hat mit falschen Angaben staatliche Milliardenhilfe erlangt. Die von der Bank genannte Zahl von 7 Milliarden Euro sei einfach „aus dem Arsch gezogen“ worden.

Verräterische Telefonmitschnitte Irische Pleitebanker haben den Staat betrogen
 ·  Telefongespräche führender irischer Bankmanager zeigen: Die Anglo Irish Bank hat mit falschen Angaben staatliche Milliardenhilfe erlangt. Die von der Bank genannte Zahl von 7 Milliarden Euro sei einfach „aus dem Arsch gezogen“ worden.



Interne Telefongespräche führender irischer Bankmanager zeigen, auf welch dreiste Weise sie in der Weltfinanzkrise mit falschen Angaben staatliche Milliardenhilfen erlangten. Die Gesprächsmitschnitte der Führung der Anglo Irish Bank wurden der Zeitung „Irish Independent“ zugespielt und jetzt veröffentlicht (zum Anhören). Auf dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise im Herbst 2008 machten die Banker Witze über die Schieflage ihres Kreditinstituts, über unwissende Politiker und Aufseher sowie ausländische Investoren. Der Leiter des Kapitalmarktgeschäfts der Bank, John Bowe, sagte einem Kollegen, Anglo Irish habe dem Staat einen Kapitalbedarf von 7 Milliarden Euro genannt, um die Pleite abzuwenden. Diese Summe sei frei erfunden: Er habe sie sich „aus dem Arsch gezogen“, sagte Bowe. Tatsächlich brauche Anglo Irish mehr Geld.
Mehr als 30 Milliarden Euro hat die Pleitebank letztlich die Iren gekostet, inzwischen ist sie abgewickelt worden. Die für das kleine Land extrem hohen Summen für Anglo Irish und zweie weitere Krisenbanken waren der Hauptgrund dafür, dass der irische Staat selbst an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geriet. Ende 2010 erhielt Irland von den anderen Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds einen Milliarden-Hilfsprogramm. An der Last der Staatsschulden - inzwischen weit über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung - werden die Iren noch Jahrzehnte schwer zu tragen haben.

Zurückzahlen? „Ich muss mir gleich die Unterwäsche wechseln!“

Um so größer ist nun die Empörung über die Täuschung der Anglo-Irish-Banker. Als Kapitalmarktchef Drumm in einem Telefonat im Herbst 2008 kurz nach dem Lehman-Zusammenbruch erwähnte, dass man der Zentralbank versprochen habe, einen Überbrückungskredit sobald wie möglich zurückzuzahlen, brach er in Lachen aus: „Ich muss mir gleich die Unterwäsche wechseln!“ In einem anderen Gespräch redeten die Banker darüber, wie Anglo Irish dringend benötigte Einlagen deutscher Großinvestoren am internationalen Geldmarkt anlocken könnte, nachdem die irische Regierung im Oktober 2008 eine Garantieerklärung für die Banken des Landes abgegeben hatte. „Deutschland, Deutschland über alles“ fing Bowe zu singen an und lachte herzhaft. Am anderen Ende der Leitung saß Vorstandschef David Drumm. Er witzelte darüber, dass seine Bank die staatliche Garantieerklärung „missbrauche“.
Die Gespräche liegen nun zwar fast fünf Jahr zurück, sie bergen aber politischen Zündstoff: Irlands Oppositionsparteien forderte eine Untersuchung. Der stellvertretende Ministerpräsident Eamon Gilmore äußerte sich am Dienstag besorgt, dass die veröffentlichten Telefonate die Anstrengungen der Regierungen beschädigen könnten, einen Teil des Geldes für die Bankenrettung von den europäischen Partnern finanziert zu bekommen. Die Euro-Finanzminister haben in der vergangenen Woche - vor allem auf Drängen Irlands und Spaniens - beschlossen, dass Altlasten aus der Bankenrettung unter bestimmten Bedingungen auch rückwirkend vom Krisenfonds ESM übernommen werden können. Hinter dem ESM stehen letztlich die europäischen Steuerzahler, Deutschland haftet mit einem Anteil von 27 Prozent. Die direkten Bankenhilfen des ESM sollen vorerst auf 60 Milliarden Euro gedeckelt werden, vereinbarten die Euro-Minister.

Sorge um Bank-Altlasten in Europa

In Deutschland wächst unterdessen die Sorge, dass ausländische Krisenbanken über die verabredete Europäische Bankenunion zu einem Risiko für die deutschen Steuerzahler werden können. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann mahnte eine „gründliche und strenge Überprüfung“ der Bankbilanzen durch die Europäische Zentralbank (EZB) an. Diese sei unbedingt notwendig, „um spätere unangenehme Überraschungen zu vermeiden“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Mir ist wichtig zu betonen, dass die Bereinigung etwaiger Altlasten primär von den zuständigen Mitgliedstaaten übernommen wird“, sagte Weidmann.
Die EZB wird wohl Anfang 2014 die Bilanzen von etwa 140 europäischen Großbanken unter die Lupe nehmen. Dabei will sie den Kapitalbedarf angeschlagener Banken ermitteln und eine Abwicklung insolventer Banken - auch „Zombiebanken“ genannt - beschließen. Nach internen Schätzungen etwa der Deutschen Bank gibt es in Europas Bankensektor faule Kredite von 800 Milliarden bis 1,4 Billionen Euro.

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