Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Donnerstag, 1. August 2013

Die IWF-Volkswirte sehen beim Griechenlandprogramm ein Finanzierungsloch von mehreren Milliarden Euro in den kommenden beiden Jahren. Die Bundesregierung möchte indessen von einem weiteren Schuldenschnitt nichts wissen.


Internationaler WährungsfondsGriechenland wird weitere Milliarden benötigen

 ·  Die IWF-Volkswirte sehen beim Griechenlandprogramm ein Finanzierungsloch von mehreren Milliarden Euro in den kommenden beiden Jahren. Die Bundesregierung möchte indessen von einem weiteren Schuldenschnitt nichts wissen.
Rund um den Bail-out von Griechenland entwickelt sich ein bizarres Schauspiel. Während Analysen des Internationalen Währungsfonds (IWF) Finanzierungslöcher im Hilfsprogramm belegen und die absehbare Notwendigkeit weiterer Schuldenerleichterungen, lehnt die Bundesregierung es ab, darüber zu sprechen. Nach dem jüngsten Bericht der IWF-Volkswirte zum Griechenlandprogramm beträgt das Finanzierungsloch in den kommenden beiden Jahren 4,4 Milliarden und 6,5 Milliarden Euro. Diese Lücke könne in der weiteren Entwicklung größer oder kleiner ausfallen, sagte Poul Thomsen, der Missionschef des IWF für Griechenland, in Washington. In Brüssel war vergangene Woche von einem Finanzloch für 2014 von nur 3,8 Milliarden Euro die Rede gewesen. Zumindest ein Teil der Lücke muss bis Herbst von den Europäern geschlossen werden, damit der IWF über eine weitere Kredittranche beschließen kann.
Darüber hinaus gibt es weitere Zusagen der Europäer, Griechenland zu helfen, einen tragfähigen Schuldenstand zu erlangen, solange das Land die Programmauflagen erfüllt. Gemäß der IWF-Prognose wird die Staatsschuld in diesem Jahr auf 167 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen und noch 2020 bei 124 Prozent liegen. Allein um dieses Ziel zu erreichen, sind nach derzeitiger Analyse des Fonds Schuldenerleichterungen von 4 Prozent des BIP erforderlich. Die Europäer haben dem IWF ferner zugesichert, gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, um die Schuldenquote bis 2022 auf deutlich weniger als 110 Prozent zu drücken. Dafür seien Schuldenerleichterungen von weiteren rund 3,5 Prozent des BIP erforderlich, teilte der IWF dieser Zeitung auf Anfrage mit. Der Fonds schließt die Notwendigkeit eines weiteren Schuldenschnitts nicht aus.

Scharfe Kritik aus Lateinamerika

Die Bundesregierung bekräftigte ihre Position, dass sie einen weiteren Schuldenschnitt für Athen nicht sehe. Es gebe die Verabredung, nach Ablauf des Programms zu prüfen, ob Griechenland weiter Hilfen brauche, sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Bisher sei es immer gelungen, Lücken im Programm zu schließen. Der befristete europäische Rettungsfonds EFSF hatte am Mittwoch 2,5 Milliarden Euro an Athen überwiesen, nachdem die Griechen ihr Programm erfüllt hatten. Der dauerhafte Rettungsschirm ESM überwies 1,5Milliarden Euro.
Das Direktorium des IWF hatte am Dienstag eine Kredittranche über 1,7 Milliarden Dollar freigegeben. Griechenland hat seit 2010 im Zuge beider Anpassungsprogramme beim IWF Kredite über 28,3 Milliarden Euro aufgenommen. Im Rahmen der Hilfsprogramme greifen die Eurostaaten und der IWF Griechenland seit 2010 mit fast 240 Milliarden Euro unter die Arme. Scharfe Kritik äußerte der Brasilianer Paulo Nogueira Batista, der im IWF-Direktorium elf Länder Lateinamerikas vertritt. Die Annahmen des IWF zu Schuldentragfähigkeit und Wachstum seien „überoptimistisch“. Der Fonds erwartet, dass die griechische Wirtschaft nach sechs Jahren der Schrumpfung 2014 mit 0,6 Prozent leicht wachsen werde.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen