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Donnerstag, 11. April 2013

„Jede Million, die in der Schweiz rumliegt, fehlt uns“


TV-KRITIK ANNE WILL„Jede Million, die in der Schweiz rumliegt, fehlt uns“

Wie lassen sich Steueroasen bekämpfen und muss Vermögen umverteilt werden? Die SPD sagt: Ja, für Kita-Plätze – die FDP sieht das anders. Duellanten einer wahren Zahlenschlacht: Manuela Schwesig und Christian Lindner.
Manuela Schwesig kämpfte bei Anne Will für die Anliegen der SPD. Quelle: dpa
Manuela Schwesig kämpfte bei Anne Will für die Anliegen der SPD.Quelle: dpa
DüsseldorfDie SPD will die Steuern erhöhen. Genauer: den Spitzensteuersatz anheben – von 42 auf 49 Prozent. „Einige Steuern für einige“ müssen steigen, sagte Peer Steinbrück vor vier Wochen in der Sendung von Anne Will. Schon damals hakte Anne Will nach und fragte, wieso Steinbrück mehr Steuereinnahmen brauche. Nun hat sie eine ganze Talk-Runde der Frage gewidmet, ob das Vorhaben der SPD sinnvoll ist. „Vermögen umverteilen – Ideologie oder Notwendigkeit?“, war die Sendung überschrieben.
Um Ideologie ging es dann aber überraschend wenig. Stattdessen entwickelte sich ein zahlenlastiger Wahlkampf-Streit um Steuern, Mindestlohn und Staatsausgaben. Die Kontrahenten waren im Wesentlichen die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig und ihr Amtskollege von der FDP, Christian Lindner. Es trafen also verhärtete Fronten aufeinander.

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Von dem zusätzlichem Geld sollen die Bereiche Bildung und Infrastruktur profitieren.
"Deutschland 2020": SPD plant gewaltige Steuererhöhungen
Lindner lobte ausführlich, wie gut es um Deutschland bestellt sei und argumentierte, dass höhere Steuern gar nicht nötig seien und ein Mindestlohn die Jugendarbeitslosigkeit in die Höhe treibe. Schwesig führte aus, dass die SPD mit den Steuergeldern vor allem in Bildung investieren und den Kita-Ausbau vorantreiben wolle und dass man mit höheren Steuersätzen auch der größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich entgegenwirken wolle.
Der SPD-Politikerin sprang gelegentlich DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zur Seite. Christian Lindner hingegen hatte mit der Autorin Rita Knobel-Ulrich eine eher zweifelhafte Verstärkung. Die Journalistin meldete sich zwar immer wieder zu Wort. Mitunter schien der Rest der Runde dann aber beinahe peinlich berührt zu sein. Knobel-Ulrich verglich Sozialleistungen mit „der Versorgungssituation in einer orientalischen Großfamilie“, sprach von „diesem ganzen Armutszeugs“ und von arbeitslosen Jugendlichen, „die den Po nicht hochkriegen“ und denen einfach nur mal jemand sagen müsse, dass es Millionen andere doch auch schaffen, morgens zur Arbeit zu gehen.

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Grundsätzlich aber waren die Fronten klar: Schwesig und Buntenbach für mehr Umverteilung, Lindner und Knobel-Ulrich dagegen. Der fünfte Gast, der evangelische Altbischof Wolfgang Huber, sagte zwar ebenfalls deutlich: „Stärkere Schultern müssen mehr tragen.“ Dennoch wollte er nicht recht einsteigen in die kleinteilige politische Debatte.
Er versuchte mehrfach, die Diskussion näher an Anne Wills Eingangsfrage nach Gerechtigkeit zu bringen. Er mahnte an, dass es auch darum gehe, ob Menschen sich noch zu einer Gesellschaft zugehörig fühlen und dass noch wichtiger als eine Vermögensumverteilung eine bessere Aufteilung der Chancen sei. Er erntete damit wenig Widerspruch – kam dann aber auch über weite Strecken gar nicht mehr zu Wort.
Das lag sicher auch daran, dass – um im Jargon der Debatte zu bleiben – die Schere zwischen Rednern und Schweigern im Lauf der Debatte immer weiter auseinander ging. Die beiden hauptberuflichen Politiker in der Runde teilten den Mammutanteil der Redezeit unter sich auf.

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So durfte zu Beginn der Runde noch jeder die Frage beantworten, wie unsolidarisch die Nutzung von Steueroasen sei. Keine Steuern in Deutschland zu bezahlen, also keinen Beitrag zur Gemeinschaft zu leisten, fand niemand in der Runde besonders löblich. Schwesig und Buntenbach forderten mehr Steuer-Fahndungen, denn „jede Million, die in der Schweiz rumliegt, fehlt hier für die Kinderbetreuung“, so Schwesig.
Lindner wollte sich zum Begriff „unsolidarisch“ wohl nicht hinreißen lassen und erklärte stattdessen, dass es einen Unterschied gebe zwischen tatsächlich verbotenen Aktivitäten und legalem Investment im Ausland. Theologe Huber mahnte, nicht jeden Reichen als Steuersünder vorzuverurteilen und Knobel-Ulrich nutzte die Gelegenheit, um das erste von mehreren Malen zu behaupten, dass „jeder zweite Euro des Bundeshaushaltes in Wohlfahrtsausgaben“ fließe.

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