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Sonntag, 26. Mai 2013

Der nicht zurückgezahlte Teil des Nennwertes soll nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Rheinland vom 4. April einen steuerlich irrelevanten Forderungsausfall darstellen. Das heißt, die Verluste können dann nicht mit Gewinnen aus anderen Geschäften verrechnet werden und damit auch nicht die Steuerlast senken.


STEUERTIPP

Steuernachteil
bei Pleiten

VON BERND SCHMITT

In den vergangenen Jahren hat
es spektakuläre Firmenpleiten
gegeben. Lehman und General
Motors sind wohl die prominentesten
Beispiele, aktuell sorgen Fälle
aus der Solarbranche für Schlagzeilen.
Die Gläubiger von Anleihen
und Zertifikaten dieser Firmen erhalten
im Rahmen von Vergleichsoder
Insolvenzverfahren regelmäßig
weit weniger als ihre Anschaffungskosten.
Nun kommt hinzu,
dass sich der Fiskus nicht an den
Verlusten beteiligen will.
Der nicht zurückgezahlte Teil
des Nennwertes soll nach einer
Verfügung der Oberfinanzdirektion
(OFD) Rheinland vom 4.
April einen steuerlich irrelevanten
Forderungsausfall darstellen. Das
heißt, die Verluste können dann
nicht mit Gewinnen aus anderen
Geschäften verrechnet werden und
damit auch nicht die Steuerlast senken.
Im Fall von Insolvenzen will der
Fiskus offenbar keinen Unterschied
machen zwischen Papieren,
die vor dem 1. Januar 2009 (also
vor Einführung der Abgeltungsteuer)
oder erst danach erworben wurden.
Für beide Zeitpunkte ist kein
Verlustabzug möglich. Auch für sogenannte
Finanzinnovationen ist
dies nicht vorgesehen.
Dieses Vorgehen deckt sich aber
nur teüweise mit dem Gesetz. Danach
ist nur bei vor 2009 erworbenen
„normalen“ Wertpapieren ein
Verlust steuerlich unbeachdich,
wenn zwischen Kauf- und Verkauf
mindestens ein Jahr vergangen ist.
Für Finanzinnovationen gelten hingegen
unabhängig vom Kaufzeitpunkt
die Regeln der Abgeltungsteuer,
das heißt, Verluste steuerlich
geltend gemacht werden. Wurde
zum Beispiel ein Lehman-Zertifikat
nach 2008 auf dem Zweitmarkt
erworben, dürfte entgegen
der OFD Verfügung ein Verlust in
voller Höhe im Rahmen der Abgeltungsteuer
verrechnet werden.
Im Rahmen der Abgeltungsteuer
gibt es keine steuerlich unbeachtlichen
Verluste und keine steuerfreien
Gewinne - auch nicht bei Insolvenzen.
Der Fiskus will nunmehr
- aber offenbar nur für Verluste
- durch die Hintertür wieder
eine Regelung für steuerlich unbeachtliche
Verluste einführen.
Dass der Fiskus auch eine andere
Sichtweise vertreten könnte,
zeigt der Schuldenschnitt der Griechenland-
Anleihen im vergangenen
Jahr. Den Zwangsumtausch
von alten Staatsanleihen in neue
Anleihen, der einen Staatskonkurs
vermeiden sollte, behandelt der Fiskus
nicht als Insolvenz, sondern als
„Verkaufsfall“ . Damit werden die
Verluste im Rahmen der Abgeltungsteuer
steuerlich berücksichtigt.
Diese Regelung soll aber offenbar
nur für zahlungsunfähige
Eurostaaten gelten, nicht bei Firmenpleiten.
Aus dem Gesetz ergibt
sich diese Unterscheidung
nicht.
Anlegern bleibt die Hoffnung,
dass die Finanzgerichte im Rahmen
der Abgeltungsteuer die Verluste
im Rahmen von Firmenpleiten
zur Verrechnung zulassen.
Denn ein Missbrauch kann ausgeschlossen
werden: Kein Anleger
verliert gerne 100 Prozent des eingesetzten
Kapitals, um mit dem
realisierten Verlust 25 Prozent Abgeltungsteuer
zu sparen. Daher
sollten betroffene Anleger die Verluste
in ihrer Einkommensteuererklärung
geltend machen und die
Bescheide durch Einspruch offen
halten. Dann würden sie von einer
positiven Gerichtsentscheidung
nachträglich mitprofitieren.
Der Autor ist Steuerberater und Partner
bei Ernst & Younq.
Dieser Steuertipp basiert auf der E-Mail eines
Lesers. Haben Sie auch Fragen zu steuerlichen
Themen? Dann schreiben Sie uns unter
steueriipp@faz.de
Wir wählen regelmäßig einige Fragen aus, die
hier im Steuertipp beantwortet werden.

FAS Print 26.5.2013

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