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Mittwoch, 15. Mai 2013

in diesen Fällen nicht die Steuerzahler die Hauptlast tragen sollen, sondern Gläubiger und Aktionäre der Banken („Bail-in“). Schäuble sagte, die grundsätzliche Haftungsreihenfolge sei nicht mehr strittig. Demnach sollen zunächst Aktionäre, dann die Gläubiger und erst am Ende auch Einleger herangezogen werden, die nicht von der europäischen Einlagensicherung von 100.000 Euro abgedeckt sind


Wien beendet BlockadeEU-Finanzminister für neue Steuerabkommen

 ·  Die EU-Finanzminister haben der Europäischen Kommission ein Mandat für Verhandlungen über neue Steuerabkommen mit der Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino erteilt. Österreich gab seinen Widerstand auf.
© AFPDie Finanzminister Luxemburgs, Luc Frieden (links) und Österreichs, Maria Fekter in Brüssel
Die EU hat in ihrem seit längerem angekündigten verschärften Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht eine erste konkrete Entscheidung getroffen. Die EU-Finanzminister beschlossen auf ihrem Treffen am Dienstag in Brüssel mit der notwendigen Einstimmigkeit, der EU-Kommission ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über neue Steuerabkommen mit fünf Drittstaaten - der Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino - zu erteilen.
Der Beschluss wurde möglich, weil Österreich als letztes Land seinen Widerstand aufgab. Dagegen verweigerten Luxemburg und Österreich weiterhin ihre Zustimmung zur Verschärfung der seit 2005 gültigen Zinssteuerrichtlinie, mit der die EU Steuerschlupflöcher stopfen will. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gab aber der Hoffnung Ausdruck, dass ein solcher Beschluss schon auf dem nächsten Ministertreffen im Juni getroffen wird.
Ziel der beschlossenen Verhandlungen ist es, die Standards der seit 2005 gültigen EU-Zinsrichtlinie auf die fünf Länder auszuweiten. Sie sieht im Kern einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Staaten über Zinserträge vor. Alle Mitgliedsländer (bisher mit Ausnahme von Österreich und Luxemburg) müssen demnach die Zinserträge auf Anlagen von EU-Ausländern durch eine Kontrollmitteilung den Steuerbehörden des Wohnsitzlandes des Anlegers melden. Österreich und Luxemburg, aber auch die Schweiz, halten bisher am Bankgeheimnis fest und erheben stattdessen eine Quellensteuer. Der jetzige Beschluss impliziert das Ende des Bankgeheimnisses im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr auch in Österreich und Luxemburg, weil die EU eigene Standards nur gegenüber Drittstaaten durchsetzen kann, wenn sie diese auch selbst anwendet. Die luxemburgische Regierung hatte schon im April erklärt, sie wolle von 2015 an zum automatischen Datenaustausch übergehen. Finanzminister Luc Frieden sagte am Dienstag, die Mandate seien ein „sehr wichtiger Schritt“. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter versuchte den Eindruck zu vermitteln, dass das jetzt beschlossene Mandat den früheren österreichischen Forderungen komplett entspreche.

Verschärfung der Zinsrichtlinie gescheitert

Frau Fekter knüpfte ihre Zustimmung zur Mandatserteilung an die Bedingung, dass die bilateralen Verträge Österreichs mit der Schweiz und Liechtenstein bestehen bleiben können. Diese Forderung ist erfüllbar, weil diese Verträge nur jene Felder betreffen, die nicht schon in den bestehenden Abkommen der EU mit diesen Ländern geregelt sind.
Die für die Bekämpfung der Steuerflucht vermutlich wichtigere Verschärfung der Zinsrichtlinie scheiterte in Brüssel am Widerstand Luxemburgs und Österreichs. Mit der geplanten Verschärfung soll die Richtlinie in einigen Fällen auch auf bestimmte Stiftungen und Treuhandfonds (Trusts) angewandt werden; bisher gelten die Bestimmungen nur für Privatpersonen. Ferner soll die Richtlinie auch für Aktienerträge und bestimmte Versicherungserträge gelten, besonders für Erträge aus Lebensversicherungen und Investmentfonds. Außerdem sollen die Banken verpflichtet werden, künftig mehr Informationen über die eigentlichen wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften zu erheben, wie dies bereits in der EU-Geldwäscherichtlinie vorgeschrieben ist. Luxemburg und Österreich wollten festgehalten wissen, dass die Verschärfung erst beschlossen werden kann, wenn die Ergebnisse der Verhandlungen mit den Drittstaaten vorliegen. Das lehnten die anderen Staaten ab. Schäuble sagte, die Mandatserteilung sei für Österreich und Luxemburg bereits ein sehr großer Schritt gewesen. Er sei zuversichtlich, dass der notwendige einstimmige Beschluss für die Verschärfung im Juni zu Stande komme.
Nach Schäubles Worten könnte sich der Streit über die Zinsrichtlinie ohnehin bald verlagern, weil die EU bald noch schärfere Regelungen in Angriff nimmt. Nach einer im April vorgestellten gemeinsamen Initiative der fünf größten EU-Staaten soll der Anwendungsbereich der Zinsrichtlinie erweitert werden und auch andere Kapitalerträge abdecken. Maßstab sind die Bestimmungen des amerikanischen „Foreign Account Tax Compliance Act“ (Fatca). EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta kündigte an, er werde voraussichtlich im Juli einen Vorschlag für ein „EU-Fatca“ vorlegen. 

Umstritten blieben in Brüssel die Details der geplanten Einführung harmonisierter Regeln für die Abwicklung von Banken. Alle Minister betonten die Dringlichkeit des Vorhabens, es blieb aber offen, ob sie wie geplant eine Einigung bis Juni erreichen können.
Der Hauptstreitpunkt war, wer in welchem Umfang im Fall der Insolvenz einer Bank haften soll. Klar ist nur, dass - anders als in etlichen Fällen im Verlauf der Finanzkrise - in diesen Fällen nicht die Steuerzahler die Hauptlast tragen sollen, sondern Gläubiger und Aktionäre der Banken („Bail-in“). Schäuble sagte, die grundsätzliche Haftungsreihenfolge sei nicht mehr strittig. Demnach sollen zunächst Aktionäre, dann die Gläubiger und erst am Ende auch Einleger herangezogen werden, die nicht von der europäischen Einlagensicherung von 100.000 Euro abgedeckt sind. Ersparnisse unter dieser Marge sollen geschützt bleiben.

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