Heute im ParlamentVorbereitung auf den Tod einer Bank
17.05.2013 · Schlag auf Schlag verschärft der Bundestag die Regulierung der Kreditinstitute: Eigenkapitalvorschriften, Bankentestamente, Abspaltung riskanter Geschäfte. Eine Übersicht.
Von MANFRED SCHÄFERS, BERLIN
Fünf Jahre nach Ausbruch der Krise, in der Steuerzahler mit gigantischen Beträgen Banken retten mussten, ist die Finanzwirtschaft immer noch in der Defensive. Der Bundestag beschließt Gesetze mit unverständlichen Kürzeln wie CRD IV und AIFM oder umständlichen Namen wie „zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen“. Die ersten beiden Gesetze hat der Bundestag schon am Donnerstag verabschiedet, das dritte steht an diesem Freitag auf der Tagesordnung. Hinter den abschreckenden Überschriften verbergen sich wichtige Änderungen. Dazu gehören:
1. Vorbereitung auf die Abwicklung
Damit die Finanzaufsicht künftig auf Krisenfälle besser vorbereitet ist und nicht der Steuerzahler abermals die Zeche zahlen muss, werden Kreditinstitute verpflichtet, Pläne für ihre Sanierung zu erarbeiten und an Plänen zu ihrer Abwicklung mitzuwirken. Grund ist die starke Verflechtung der Finanzwirtschaft. Abrupte Ausfälle drohen einen Dominoeffekt auszulösen. Ein EU-Richtlinienentwurf sieht solche Pläne vor, aber auch Instrumente zur Umwandlung von Fremdkapital (“Bail-in“). „Der Sanierungsplan hat zum Ziel, die Widerstandsfähigkeit des Kreditinstituts oder der Finanzgruppe in künftigen Krisensituationen zu stärken“, heißt es im Gesetzentwurf.
Das Kreditinstitut solle sich frühzeitig damit befassen, welche Maßnahmen es unter anderem in organisatorischer und geschäftspolitischer Hinsicht treffen müsse, um eine Krise möglichst schnell, effektiv und aus eigener Kraft bewältigen zu können. Der Gesetzentwurf bestimmt zudem, dass die Finanzaufsicht Bafin eine besondere Einheit einrichtet, um für global oder national systemrelevante Kreditinstitute Abwicklungspläne zu erstellen. Die betroffenen Kreditinstitute werden verpflichtet, daran mitzuwirken.
2. Abtrennung riskanter Geschäfte
Große Banken werden gezwungen, den Handel auf eigene Rechnung und Geschäftsbeziehungen mit Hedgefonds in rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch selbständige Einheiten auszulagern. Es trifft sie, wenn ihre riskanten Geschäfte 100 Milliarden Euro oder 20 Prozent der Bilanzsumme übersteigen. Nach früheren Angaben von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) könnte dies bis zu ein Dutzend Institute treffen. Dabei berief er sich auf Zahlen des Jahres 2011.
Doch dürften es am Ende deutlich weniger sein. So hat beispielsweise die Deutsche Bank schon angekündigt, ihren Eigenhandel aufzugeben. Es sei nicht einfach, Grenzen in den Banken zu ziehen, daher werde man die weitere Entwicklung beobachten, kündigte die Unionsfraktion im Finanzausschuss an. Die SPD-Fraktion sprach von einem „Placebo-Gesetzentwurf“. Es werde in Wirklichkeit nichts getrennt, man wolle nur der Opposition ein Thema nehmen.
3. Strafvorschriften für Organmitglieder
Vorständen drohen bis zu fünf Jahre Haft, wenn sie gegen wesentliche Pflichten im Risikomanagement verstoßen. Bankenvertreter warnten vor Verabschiedung des Vorhabens vor den geplanten Rechtsverschärfungen. Sie äußerten die Sorge, dass damit ein Vorstandsmitglied auch ohne Verschulden während einer Schieflage des Instituts stets mit einem Bein im Gefängnis stehen würde.
Die Politiker haben das Gesetz aber im letzten Moment entschärft: Geschäftsleiter von Banken und Versicherern können sich nur dann strafbar machen, wenn sie gegen eine „vollziehbare Anordnung“ der Allfinanzaufsichtsbehörde Bafin verstoßen - und dadurch die Schieflage ihres Unternehmens herbeiführen.
4. Eigenkapital
Damit sich die Finanzkrise nicht wiederholt, sollen die Banken mehr und qualitativ höherwertiges Eigenkapital vorhalten, um schlechte Zeiten besser durchstehen zu können. Zudem sollen Liquiditätsvorschriften im Krisenfall die Zahlungsfähigkeit der Banken sicherstellen. Beides hatte der Baseler Ausschussfür Bankenaufsicht im Dezember 2010 empfohlen. Mit einer europäischen Richtlinie sollen diese Empfehlungen umgesetzt werden.
Mit dem am Donnerstag vom Bundestag verabschiedeten Gesetz wird eine schnelle Verwirklichung der neuen Eigenkapitalvorschriften angestrebt. Zudem wird das deutsche Recht dort korrigiert, wo es das geänderte europäische Recht erfordert. Dabei geht es um die Zulassung und Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, die Anforderungen an die unterschiedlichen Kapitalpuffer, die Sanktionen bei Verstößen und die Organe der Institute.
5. Hedgefonds für Privatanleger tabu
Anteile an den als riskant eingestuften Fonds dürfen nicht mehr an Privatanleger verkauft werden. Zudem müssen Hedgefonds künftig Eigenkapital nachweisen, aber auch eine ausreichende Qualifikation ihrer Manager und die Einhaltung von Sorgfaltspflichten. Das alles ist Teil des Gesetzes zur Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie, die der Bundestag am Donnerstag beschloss.
Zu diesem gehört auch die Abschaffung des Freibetrags zur vorzeitigen Rückgabe von Anteilen in offenen Immobilienfonds. Diese Möglichkeit, bis zu 30 000 Euro je Kalenderhalbjahr zurückzugeben, gibt es nur noch für Altanleger.
6. Investment-Kommanditgesellschaft
International arbeitende Unternehmen sollen ihre auf mehrere Staaten verteilten Pensionssysteme in Deutschland bündeln können. Dazu beschloss der Bundestag ebenfalls am Donnerstag das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (nicht zu verwechseln mit dem AIFM-Umsetzungsgesetz).
Es erlaubt die Verwaltung von Altersvorsorgevermögen (“Pension-Asset-Pooling“) in einer neuen Investmentfonds-Rechtsform, der Investment-Kommanditgesellschaft. Zudem dient das Gesetz dem Ziel, Gestaltungsspielräume und Missbräuche im heutigen Investmentsteuerrecht einzuschränken.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen