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Samstag, 18. Mai 2013

Israel ist besorgt über russische Raketenlieferungen an Syrien. Ministerpräsident Netanjahu sagt, dadurch würde Israel faktisch zu einer „No-Fly-Zone“.


Syrien-KonfliktWeiter große Sorge über Raketenlieferung an Assad

 ·  Israel ist besorgt über russische Raketenlieferungen an Syrien. Ministerpräsident Netanjahu sagt, dadurch würde Israel faktisch zu einer „No-Fly-Zone“. Moskau weist die Kritik zurück.
© REUTERSIm freien Syrien: Ein Rebell schwenkt am Donnerstag während einer Trauerfeier in der östlichen Provinz Raqqa eine syrische Fahne.
Die Ankündigung Moskaus, Flugabwehrraketen an das Assad-Regime in Syrien zu liefern, verursacht auch nach den Gesprächen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit der russischen Führung in Sotschi Unruhe in der Region. Netanjahu sagte am Freitag vor einem Gespräch mit dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle, der Nahe Osten habe seit vielen Jahren nicht mehr vor derart großen Herausforderungen gestanden. Er verfolge Tag und Nacht die sich ändernde Lage. „Ich reise dahin, wo immer es nötig ist, ich treffe all diejenigen, die nötig sind, und ich tue, was immer nötig ist, um die Sicherheit der Bürger Israels zu gewährleisten. Und ich werde es auch weiter tun“, sagte Netanjahu, ohne auf Details einzugehen.
Nach Angaben von Teilnehmern an dem Gespräch zwischen Westerwelle und Netanjahu schilderte dieser in dramatischen Worten die Folgen einer russischen Lieferung der Flugabwehrraketen. Er habe gesagt, Israel würde dann faktisch zu einer „No-Fly-Zone“; er meinte damit offenbar, dass es für das israelische Militär wegen der Bedrohung durch die in die Nachbarschaft gelieferten Raketen dann unmöglich würde, seine Flugzeuge zu starten.
Offenbar, so hieß es weiter, hält es Netanjahu aber noch nicht für ausgemacht, dass Moskau wirklich die Raketen an Assad liefert. Nach den Gesprächen Netanjahus mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow, die offenbar das Ziel hatten, Moskau davon abzubringen, die Flugabwehrraketen des Typs S-300 an Damaskus zu liefern, hatte Lawrow indes am Donnerstag gesagt, sein Land beabsichtige, sich an Lieferverträge zu halten.
Die russische Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ hatte kürzlich unter Hinweis auf Gewährsleute im Militär und in diplomatischen Kreisen berichtet, dass sich höchstwahrscheinlich bereits alle vier S-300-Systeme in Syrien befänden, deren Lieferung 2010 vereinbart worden sei. Es sei auch nicht auszuschließen, dass russische Militärberater syrische Soldaten in der Bedienung der S 300 sowie anderer, in jüngster Zeit modernisierter Raketensysteme ausbilden würden.

Lawrow: Nur Waffen zur Verteidigung

Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies Vorwürfe gegen sein Land wegen der Waffenlieferungen an das syrische Regime abermals zurück. Es handele sich dabei „in erster Linie“ um Waffen zur Verteidigung gegen Angriffe aus der Luft und von See, über deren Lieferung Verträge bestünden, die internationales Recht nicht verletzten. Die Zeitung „New York Times“ berichtete am Freitag, dass Russland eine neue Version der Anti-Schiff-Lenkwaffe Jachont (SS-N-26 Strobile) an Damaskus geliefert habe. Diese ermögliche es der syrischen Marine, Versuche zur Unterstützung der syrischen Rebellen von außen durch eine Seeblockade, die Einrichtung einer Flugverbotszone oder gezielte Luftschläge besser als bislang möglich, abzuwehren.
Lawrow kam am Freitag in Sotschi mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon zusammen. Ban sich für die schnelle Einberufung der geplanten internationalen Syrien-Konferenz aus. Ein genauer Termin innerhalb des in Aussicht genommenen „Zeitfensters“ sei aber noch nicht vereinbart, sagte er nach dem Treffen. Später wollte Ban noch mit Putin über die Lage in Syrien sprechen. Den gemeinsamen Vorschlag für eine neue Syrienkonferenz in der Nachfolge der Genfer Konferenz vom vorigen Jahr hatten Lawrow und der amerikanische Außenminister John Kerry vergangene Woche in Moskau bekannt gegeben. Lawrow sagte nun in Sotschi, der Impuls, den dieser Vorschlag ausgelöst habe, dürfe nicht verspielt und die Konferenz müsse so schnell wie möglich abgehalten werden, um eine politische Lösung für Syrien zu ermöglichen. Strittig sei indes, wer außer den Teilnehmern an der Genfer Konferenz - den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat sowie mehreren Mitgliedstaaten der Arabischen Liga - an den neuerlichen Beratungen über den Konflikt in Syrien beteiligt werden solle. Lawrow verlangte, dass auch Vertreter Irans eingeladen würden, darüber hinaus Vertreter Saudi-Arabiens und sämtlicher Nachbarn Syriens. Nächste Woche wollen die unterschiedlichen Kräfte der syrischen Opposition an verschiedenen Orten über die Teilnahme an der Konferenz beraten, die nach Auffassung Lawrows am besten abermals in Genf abgehalten werden soll. In Sotschi wurde ebenfalls die Frage erörtert, weshalb UN-Inspektoren ihre Arbeit zur Untersuchung möglicher Chemiewaffeneinsätze in Syrien noch immer nicht aufnehmen können. Ban bedauerte, dass den Fachleuten bislang die Einreise nach Syrien verwehrt worden sei.
Der israelische Regierungschef, der derzeit auch das Amt des Außenministers innehat, dankte Westerwelle bei dem Treffen in seinem Amtssitz in Jerusalem. Deutschland sei ein Freund Israels, sagte Netanjahu. Westerwelle sagte, in diesen herausfordernden Zeiten stehe Deutschland an der Seite seines Partners Israel. Zuvor war er mit Justizministerin Zipi Livni zusammengetroffen und hatte auf die Frage, ob israelische Luftangriffe auf Syrien legitim seien, gesagt, Israel habe das Recht sich zu verteidigen, mehr habe er nicht zu sagen. Israel hatte in den vergangenen Wochen - offiziell nicht bestätigte - Luftangriffe auf Ziele in Syrien geflogen. Inoffiziell hieß es, sie hätten Waffenlieferungen an die schiitische Hizbullah-Miliz im Libanon gegolten.
In Washington bat Präsident Barack Obama weiter um Geduld für die Lösung des Syrienkonflikts. „Es gibt keine Zauberformel für den Umgang mit einer außerordentlich gewaltsamen und schwierigen Situation wie jener in Syrien“, sagte Obama am Donnerstag nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Weißen Haus. Washington und Ankara seien sich jedoch einig, dass der syrische Diktator Baschar al Assad zurücktreten müsse, und zwar „je schneller, desto besser“. Zugleich bekräftigte Obama, dass es keinen amerikanischen Alleingang gegen das Regime geben werde. Sollte sich zweifelsfrei beweisen lassen, dass das Assad-Regime Chemiewaffen eingesetzt habe, müsse die Staatengemeinschaft gemeinsam auf das Überschreiten der „roten Linie“ durch Damaskus reagieren.
Derzeit hält sich auch der neue Direktor des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes CIA, John Brennan, in Israel auf. Am Donnerstag war er mit Verteidigungsminister Mosche Yaalon zusammengetroffen. Über den Inhalt des Gesprächs wurde offiziell nichts bekannt. Die Tageszeitung „Haaretz“ berichtete indes mit Bezug auf israelische Regierungskreise, es sei über die Lieferung von Waffen, darunter Chemiewaffen, von Syrien an die Hizbullah gesprochen worden.
Unterdessen wurde nach den Autobombenanschlägen in der südtürkischen Grenzprovinz Hatay einer der Hauptverdächtigen festgenommen. Der Mann sei am Donnerstagabend beim Versuch, die Grenze nach Syrien zu überqueren, gefasst worden, sagte der Gouverneur der Provinz Hatay am Freitag. Er werde verdächtigt, die Autos für den Doppelanschlag in der Stadt Reyhanli vom vergangenen Samstag mit mindestens 51 Toten organisiert zu haben. Nach zwei weiteren Verdächtigen, die ebenfalls versucht hätten, nach Syrien einzureisen, werde noch gesucht. Neben dem nun festgenommenen Hauptverdächtigen sitzen demnach vier in Untersuchungshaft, vier befinden sich vor Beginn ihres Prozesses aktuell auf freiem Fuß, und vier weitere sollten noch am Freitag vor Gericht erscheinen, wo entschieden werden soll, ob sie inhaftiert oder freigelassen werden. Alle Verdächtigen sind türkische Staatsbürger. Ankara sieht die syrische Führung hinter den Anschlägen, Damaskus bestreitet hingegen jegliche Verwicklung.

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