Die Griechen werden die kassierten Hilfskredite auf Heller und Pfennig zurückzahlen – so gelobt es die Athener Regierung, so versichern es auch die Euro-Finanzminister ihren Steuerzahlern. Dabei ist für die meisten Fachleute längst klar: Aus eigener Kraft wird das Land seine Schulden niemals zurückzahlen können. Was die Politiker bisher nur hinter vorgehaltener Hand flüstern, spricht ein Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) jetzt offen aus.
„Für jemand der rechnen kann ist klar, dass es für Griechenland eng wird,“ sagt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Berechnungen des IWF legen nahe, dass Griechenland ohne einen erneuten Forderungsverzicht der Gläubiger seine Schulden nicht tragen kann.
In einem zweiten Papier, aus dem das Wall Street Journal zitierte, ist von eigenen Fehlern des IWF bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands sowie von Reibungen innerhalb der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und Europäischer Union (EU) die Rede.
GRIECHENLAND
Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitslosenquote
von 2009 bis 2014, in %
Die Athener Regierung begrüßte das Eingeständnis des IWF, es habe Versäumnisse gegeben. „Der Bericht ist objektiv, und er ist uns willkommen“, sagte Finanzminister Giannis Stournaras am Donnerstag der Zeitung „Kathimerini“. Das Papier gebe „allen die Chance, ihre Fehler zu erkennen, damit sie nicht wiederholt werden“, so Stournaras. Der Athener Finanzminister sondiert seit Monaten Möglichkeiten, die Schuldenlast seines Landes zu reduzieren.
Laut Statuten darf der IWF Ländern nur Geld leihen, wenn klar ist, dass sie ihre Schulden zurückzuzahlen können. Im Falle von Griechenland wird das schwierig, wie der IWF in seinem aktuellen Bericht vorrechnet. Trotz aller Fortschritte beim Abbau des Haushaltsdefizits in Athen bleibt der enorme Schuldenberg Griechenlands größtes Problem. Aktuell beläuft sich die Verschuldung auf fast 176 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis 2020 soll das Land die Schuldenquote auf 124 Prozent und 2022 „substanziell unter 110 Prozent“ vom BIP drücken.
In seinen neuen Prognosen erwartet der IWF, dass die Staatsverschuldung in Griechenland bis 2022 bei 113 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen dürfte. Das wäre über dem angepeilten Niveau. In seinen Berechnungen hat der IWF bereits berücksichtigt, dass die Euro-Länder Griechenland im Dezember 2012 bereits Erleichterungen im Volumen von vier Prozent der Wirtschaftsleistung in Aussicht gestellt hatten.
So sehen es die im vergangenen Dezember getroffenen Vereinbarungen mit der EU vor. Auf dieser Grundlage entschloss sich auch der IWF, dem Land weitere Kredite zu gewähren.
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