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Sonntag, 2. Juni 2013

Verfassungsgericht entscheidet über Renditen

Verfassungsgericht entscheidet über Renditen 

von Oskar Herbert 

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„Verfassungsgericht entscheidet über Renditen“

Düsseldorf, 29.05.2013: Die Kurse der Anleihen sind jüngst zurückgegangen. Die Renditen sind entsprechend gestiegen. Sie liegen damit allerdings immer noch auf sehr niedrigem Niveau. Für zehnjährige Bundesanleihen gibt es derzeit 1,5%. Entsprechende US-Dollar-Anleihen bringen 2%. Anleihen in Austral-Dollar kommen auf 3%. Bei Dollar-Anleihen kommen Währungs-Risiko oder Chance dazu. 

Darf die EZB weiter Anleihen kaufen? 

Die jüngste Schwäche der Anleihen hat weniger mit der Stärke der Aktien und mit Tauschgeschäften zu tun: raus aus Anleihen, rein in Aktien! Die Schwäche der Anleihen resultiert vielmehr aus Unsicherheiten darüber, wie lange die Notenbanken in Europa und USA die Schuldenpolitik der Regierungen noch mitmachen wollen und wie lange die Europäische Zentralbank EZB die Politik überhaupt noch stützen darf. 

Muss der deutsche Sparer für Zypern haften? 

Mitte Juni wollen sich die Verfassungsrichter in Karlsruhe anhören, was die Schuldenmacher zur Fortführung der aktuellen Ankaufpolitik der EZB vorzutragen haben und wie die Schuldensenker das höchste Gericht davon überzeugen wollen, die aktuelle Praxis zu verbieten. In einem Vorbescheid hat das Verfassungsgericht bereits weitgehend grünes Licht gegeben: Die europäische Schulden- und Wirtschaftskrise sei so kritisch und kompliziert, dass nur das - vom letztlich betroffenen Bürger - gewählte Parlament legitimiert sei, Entscheidungen zu treffen. Das Parlament hat sich mit parteiübergreifender Mehrheit für die Rettung von Griechenland, Portugal, Irland und Zypern und für manches mehr entschieden. Damit verbunden ist die Gefahr, dass eines Tages der deutsche Steuerzahler und Rentenempfänger dafür wird zahlen müssen, dass die Schuldenländer nicht zahlen können. 

Verfassung zwingt zur Abwägung 

Das deutsche Parlament und die Regierung sind der deutschen Verfassung verpflichtet. Sie müssen Schaden vom Land abwenden und den Nutzen mehren. Bei der Abwägung von Schaden und Nutzen kommen die Verantwortlichen bislang zu dem Ergebnis, dass der aktuelle Nutzen des Euro größer ist als der Schaden, den die Bürger unter ungünstigen Umständen eines Tages werden zu tragen haben. 

Der Nutzen sinkt, der Schaden steigt 

Der Exportnutzen ist inzwischen aber immer schwieriger zu erkennen: Die Schuldenländer können nichts mehr kaufen. Und wenn die deutschen Exportüberschüsse dahinschwinden und die Reserven vergangener goldener Exportzeiten für die Übernahme der Schulden jener Länder, welche die Exporte nicht mehr bezahlen können, verwendet werden, dann ist letztlich der Nutzen weg. Der Nutzen wird inzwischen neu definiert; nämlich so, dass die überbordende Arbeitslosigkeit in den Schuldenländern nicht mehr hinzunehmen sei und dass deshalb weiter Schulden gemacht werden dürfen, ja sogar gemacht werden müssen, um Wachstum zu kreieren. 

Sparer verliert jährlich Milliarden 

Die Entscheidung zwischen Nutzen und Schaden wird dadurch noch schwieriger. Die Verantwortung dafür werden die Verfassungsrichter dem Parlament nicht abnehmen wollen. Das Parlament will wiedergewählt werden; es wird sich deshalb sicher nicht für ein Ende des Schreckens entscheiden, sondern den Schrecken ohne Ende in Kauf nehmen. Sparer und Anleger werden durch die niedrigen Zinsen jedes Jahr um Milliarden an Kaufkraft enteignet. Das schwächt in der Tendenz auch die Fähigkeit des angeblich reichen Deutschlands, Schuldenlasten anderer Staaten tragen zu können, für deren Wohlergehen die Deutschen nicht unbedingt - und schon gar nicht verfassungsrechtlich - verantwortlich gemacht werden können.

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